Transitorisch-ischämische Attacke
Synonyme: Kleiner Schlaganfall, TIA, Hirninfarkt, Apoplex, Schlaganfall
Definition
Transitorisch-ischämische Attacke
Eine transitorisch-ischämische Attacke (TIA) ist ein fokaler Funktionsausfall von zerebralem Gewebe auf Basis einer Ischämie mit einer maximalen Dauer von 24 Stunden. Sie ist oft das erste Zeichen eines drohenden Schlaganfalls.
Transitorisch-ischämische Attacke
Ätiologie
Transitorisch-ischämische Attacke
Die Ursachen der transitorisch-ischämischen Attacke sind:
- Ischämie aufgrund von Einengung oder Verschluß der zuführenden Gefäße
- Venöse Abflußstörung (selten)
- Hämorrhaghie z.B. aufgrund eines Traumas
Transitorisch-ischämische Attacke Epidemiologie zu:
Transitorisch-ischämische Attacke
Epidemiologie
Transitorisch-ischämische Attacke
Zur transitorisch-ischämischen Attacke sind folgende Daten verfügbar:
- 80-85% aller Fälle: Ischämie
- 15-20% aller Fälle: Hämorrhaghie
- Dritthäufigste Todesursache in Industrieländern (nach Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs)
- Inzidenz: 1,74:1000 Einwohner
- Erkrankungsgipfel: Männer: 70 Jahre, Frauen: 75 Jahre
- 19,4% der Schlaganfall-Patienten sterben innerhalb des ersten Monats, 28,5% sterben innerhalb der ersten 3 Monate und 37% innerhalb des ersten Jahres
- Nach einer TIA erleiden 10% der Patienten innerhalb der ersten beiden Tage einen Schlaganfall und weitere 15% in den ersten 14 Tagen.
- Bei 20-50% aller Patienten kann unmittelbar nach einer TIA eine cerebrale Läsion im MRT festgestellt werden
Transitorisch-ischämische Attacke Differentialdiagnosen zu:
Transitorisch-ischämische Attacke
Differentialdiagnosen
Transitorisch-ischämische Attacke
- Aufsteigende retinale Optikusatrophie
- Posttraumatische Epilepsie
- Intrazerebrale Hämatome
- Akutes und subakutes subdurales Hämatom
- Hypoglykämie und hypoglykämischer Schock
- Maligne Hirntumoren
- Ischämischer Insult
- Sinusvenenthrombose
- Traumatische Epilepsie
- Traumatische Subarachnoidalblutung
- Intrazerebrales Hämatom
- Akutes Subdural-Hämatom
- Neurolues
- Lues cerebrospinalis
- Migräne-assoziierter Schlaganfall
- Schlaganfall als Notfall
- Migraine cervicale
- Migräne mit Aura
- Migräne ohne Aura
- Netzhautablösung
- Schädel-Hirn-Trauma
Transitorisch-ischämische Attacke Anamnese zu:
Transitorisch-ischämische Attacke
Anamnese
Transitorisch-ischämische Attacke
Bei der transistorisch-ischämischen Attacke sind folgende Informationen von Bedeutung:
- Welche Symptome liegen vor und wie lange?
- Plötzliches Auftreten?
- Einseitiges Auftreten der Symptome?
- Schwäche von Armen/Beinen?
- Sprachstörungen?
- Sehstörungen?
- Schwindel?
- Gleichgewichtsprobleme?
- Kopfschmerzen?
- Bewußtseinsstörung?
- Schädelverletzung?
- Risikofaktoren bekannt (Hoher Blutdruck, Nikotin, Herz-Kreislauferkrankungen, Diabetes)?
Transitorisch-ischämische Attacke Diagnostik zu:
Transitorisch-ischämische Attacke
Diagnostik
Transitorisch-ischämische Attacke
Zur diagnostischen Abklärung der transistorisch-ischämischen Attacke sind relevant:
Präklinisch
- Anamnese
- neurologischer Defizitbefund
- Blutdruck
- Auskultation der Thoraxorgane
- Blutzucker
- EKG/Kardioskopie
Cincinnati Prehospital Stroke Scale:
- Auffordern zu lächeln (Facialisparese)
- Arme mit offenen Handflächen ausstrecken lassen (Armparese)
- Einen Satz nachsprechen lassen (Aphasie)
Klinisch
- Standardisierte Anamnese
- neurologische Untersuchung
- kranielles CT oder MRT (Differenzierung zwischen hämorrhagischem und ischämischem Infarkt)
- Extra- und transkranielle Dopplersonografie
- Echokardiografie
- EEG
- Labor: BB, Gerinnung, Elektrolyte, ggf. Drogenscreening
Transitorisch-ischämische Attacke Klinik zu:
Transitorisch-ischämische Attacke
Klinik
Transitorisch-ischämische Attacke
Die transistorisch-ischämische Attacke kann eine oder mehrere der folgenden Symptome zeigen:
- Sehstörung (z.B. Gesichtsfeldausfall, Erblindung, Doppelbilder)
- Neglect
- Schwindel, Gleichgewichts- und Koordinationsstörungen
- Taubheit
- Lähmungen von Armen, Beinen, Gesicht oder ganzer Körperpartien
- Verwirrung, Verständnis- und Orientierungsstörungen
- Kopfschmerz
- Rückbildung der Symptome innerhalb von 24 Stunden
Transitorisch-ischämische Attacke Therapie zu:
Transitorisch-ischämische Attacke
Therapie
Transitorisch-ischämische Attacke
Die transitorisch-ischämische Attacke ist in der Akutphase nicht von einem klassischen Schlaganfall zu unterscheiden. Die sofortige Einweisung in ein Akutkrankenhaus mit Strok unit ist angezeigt.
Präklinische Maßnahmen:
Legen eines venösen Zugangs und Sicherung der Vitalfunktionen
Arterielle Hypertonie 2 x in 5 min Abstand messen
- RR < 220/<120 mm Hg: Belassen
- RR > 220/>120 mm Hg: Urapidil 12,5 mg i.v.
- RR > XXX/>140 mm Hg: Nitroglycerin Spray 2 Hub
Arterielle Hypoptonie RR < 100/XXX mm Hg
- Flüssigkeit substituieren
Blutzuckertest
Bei Hypoglykämie < 80 mg%:Glucose 40% 30 ml i.v.
Hypoxie - Therapie bei Verdacht, keine COLD
- Sauerstoff nasal 4l/min
- Pulsoxymetrie O2-Sättigung > 95% halten
Exsikkose - Verdacht
- NaCl 0,9% 500 ml i.v.
Krampfanfall ohne spontanes Sistieren
- Clonazepam 1-2 mg i.v.
Folgende Maßnahmen sind kontraindiziert:
- Heparin, ASS, Clopidogrel
- Steroide
- Nimodipin
- Hypo- und isovolämische Hämodilution
- I.M.-Injektionen
Therapie in der Klinik:
Intravenöse Lysetherapie:
- i.v. Thrombolyse in ersten 3h nach Insultbeginn, (nach CT, Fehlen früher Infaktzeichen, Ausschluss KI)
- Streptokinase: initial 250,000 IE i.v. über 30 min, danach 100,000 IE/h i.v. bis zur erfolgreichen Lyse (1-3 bis max. 5 Tage lang)
- Tenecteplase: 1 x 30 mg (KG < 60kg) bis 50 mg (KG > 90kg) tgl i.v.
- Alteplase (rt-PA): 15 mg Bolus i.v., dann 85 mg i.v. kontinuierlich über 2h (bei Gewicht < 65 kg 1,25 mg t-PA/kg)
- Reteplase (r-PA): 2 x 10 IE i.v. im Abstand von 30 min
Intraarterielle Lysetherapie (Zeitfenster 6 Stunden):
- Alteplase (rt-PA): 15 mg in die linke und 15 mg in die rechte Hirnarterie, wenn weitere Lyse erforderlich: kontinuierliche Infusion von rt-PA bis zu 100 mg über 2h
Karotis-Desobliteration: evtl. innerhalb der ersten 6 Stunden
Anti-Koagulation:
- Heparin: 5,000 IE i.v. als Bolus, dann 30,000-35,000 IE i.v. oder s.c./d oder 2 x 500 IE/kg/24h über einige Tage
Rehabilitation:
Nach der Akutphase sollte eine Rehabilitation erfolgen, um die Wiedereingliederung des Patienten in den Beruf zu ermöglichen und Pflegebedürftigkeit zu vermeiden.
- Physiotherapie
- Physikalische Therapie
- Ergotherapie
- Logopädische Therapie
- evtl. Psychotherapie
Präventionsmaßnahmen:
- Auf den Patienten abgestimmte Präventionsmaßnahmen sind Teil einer langfristigen Therapie.
- Rauchentwöhnung
- Senkung einer Hypertonie
- Therapie des Diabetes mellitus
- Sportliche Betätigung
- Gewichtssenkung
- Moderater Alkoholgenuß hat bei Männern nachweisbar einen protektiven Effekt (bei Frauen ist die Datenlage noch unklar)
Antithrombotische Therapie:
- ASS: 100 mg/d p.o.
- Clopidogrel: 1 x 75 mg/d p.o.
- Ticlopidin: 2 x 250 mg/d p.o.
- Cumarine nur bei hohem Risiko indiziert
Transitorisch-ischämische Attacke Komplikationen zu:
Transitorisch-ischämische Attacke
Komplikationen
Transitorisch-ischämische Attacke
Folgende Komplikationen der transistorisch-ischämischen Attacke können auftreten:
- Es kann in Folge der TIA zu einem "großen" Schlaganfall mit persistierenden neurologischen Schäden und Lebensgefahr für den Patienten kommen.
Transitorisch-ischämische Attacke Zusatzhinweise zu:
Transitorisch-ischämische Attacke
Zusatzhinweise
Transitorisch-ischämische Attacke
Zur transistorisch-ischämischen Attacke liegen derzeit folgende Zusatzhinweise vor:
- Aufgrund der zunehmenden Überalterung der Gesellschaft wird mit einer starken Zunahme von Schlaganfällen in den kommenden Jahrzehnten gerechnet.
- Die klassische Differenzierung zwischen TIA, PRIND und Apoplex wird immer weniger verwendet. Stattdessen wird stärker auf eine pathophysiologische Einteilung gesetzt, da neuere Studien gezeigt haben, dass auch bei kurzfristig auftretender Symptomatik in der Regel bereits dauerhafte Hirnläsionen nachweisbar sind. Bei Einführung einer neuen offiziellen Klassifizierung werden auch die Informationen auf Med2Click aktualisiert.
Transitorisch-ischämische Attacke Literaturquellen zu:
Transitorisch-ischämische Attacke
Literaturquellen
Transitorisch-ischämische Attacke
- (2006) Knuth, P, Sefrin, P - Notfälle nach Leitymptomen - Deutscher Ärzteverlag Köln 5. Auflage
- (1996) Dommel, U - Der akute Schlaganfall. Leitfaden für Klinik und Praxis - Aktuelles Wissen Hoechst Verlag
- (1997) Köster, I, von Ferber, L - Bericht über die Häufigkeit und Verteilung von Schlaganfall, Altersdiabetes, gerontopsychiatrischen Erkrankungen und Multimorbidität in Herne - Forschungsgruppe Primärärztliche Versorgung Köln
- (2007) Berlit P - Basiswissen Neurologie - Springer
- (2007) Masuhr K F, Neumann M - Neurologie,6. Aufl. - Thieme Verlag, Duale Reihe
- (2007) Buchner H - Neurologische Leitsymptome und diagnostische Entscheidungen - Thieme
- (2007) Bitsch A - Neurologie to go - Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft
- (2006) Poeck K, Hacke W, - Neurologie - Springer Verlag
- (2006) Mumenthaler M, Mattle H - Kurzlehrbuch Neurologie - Thieme Verlag
- (2008) Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie - Akuttherapie des ischämischen Schlaganfalls: http://www.uni-duesseldorf.de/WWW/AWMF/ll/030-046.htm >
- (2009) Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin - Schlaganfall: http://www.uni-duesseldorf.de/WWW/AWMF/ll/053-011i.htm >
Transitorisch-ischämische Attacke
Assoziierte Krankheitsbilder zu Transitorisch-ischämische Attacke
- Hypoglykämie und hypoglykämischer Schock
- Migraine cervicale
- Migräne mit Aura
- Migräne ohne Aura
- Migräne-assoziierter Schlaganfall
- Schlaganfall als Notfall
- Akutes Subdural-Hämatom
- Akutes und subakutes subdurales Hämatom
- Intrazerebrale Hämatome
- Intrazerebrales Hämatom
- Ischämischer Insult
- Lues cerebrospinalis
- Netzhautablösung
- Neurolues
- Posttraumatische Epilepsie
- Schädel-Hirn-Trauma
- Sinusvenenthrombose
- Traumatische Epilepsie
- Traumatische Subarachnoidalblutung
- Aufsteigende retinale Optikusatrophie
- Maligne Hirntumoren
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