Splenomegalie durch portale Hypertension
Synonyme: Splenomegalia
Definition
Splenomegalie durch portale Hypertension
Es existieren verschiedene Definitionen darüber, ab wann eine Milz als vergrößert gilt:
- sofern die Milz unter dem linken Rippenbogen tastbar ist (ab einer Länge von ca. 20 cm)
oder
- sofern 2 der 3 sonographischen Normmaße - Dicke 4cm, Breite 7 cm, Länge 11 cm - überschritten werden
Die Ursachen einer Milzvergrößerung können vielfältig sein, und da eine Splenomegalie ein Symptom ist und die Milz nur selten alleine erkrankt, muss nach anderen Krankheitssymptomen gefahndet werden.
Als portale Hypertension wird die Erhöhung im Kreislauf der V. portae auf über 12mmHg bezeichnet. Diese kann ebenfalls durch Rückstau zu einer Splenomegalie führen.
Splenomegalie durch portale Hypertension
Ätiologie
Splenomegalie durch portale Hypertension
Ursachen einer Splenomegalie können sein:
Hämatologische Erkrankungen
- chronische Leukämien (fast immer mit Splenomegalie)
- akute Leukämie (selten mit Splenomegalie)
- chronisch lymphatische Leukämie (stärkste Milzvergrößerung)
- andere Non-Hodgkin-Lymphome
- chronisch-myeloproliferatives Syndrom, v.a. bei
- Polycythaemia vera
- Osteomyelosklerose
- Hämolyse jeder Ursache ("Arbeitshypertrophie")
Infektionserkrankungen
- bakteriell
- Sepsis ("weiche Milzvergrößerung")
- Endokarditis
- M. Bang / Brucellose
- Typhus (seltener Parathyphus)
- Lues
- Leptospirose
- Tuberkulose
- viral
- EBV / infektiöse Mononukleose
- CMV
- HIV
- Hepatitisviren (HBV,HCV)
- Röteln
- andere
- Malaria
- Leishmaniose
- Toxoplasmose
- Histoplasmose
- Schistosomiasis
- Tuberkulose (bei Milzbeteiligung)
- rheumatisch
- Rheumatoide Arthritis
- Still-Syndrom
- Felty-Syndrom
- systemischer Lupus erythematodes (SLE)
- Sarkoidose
- portale Hypertension
- Leberzirrhose jeder Ätiologie (am häufigsten)
- Milzvenenthrombose
- Pfortaderthrombose
- Budd-Chiari-Syndrom (Lebervenenthrombose)
- Speichererkrankungen
- häufiger
- Hämochromatose
- Amyloidose
- sehr selten
- M. Gaucher (Zerebrosidspeicherkrankheit)
- M. Niemann-Pick (Sphingomyelinose)
- M. von Gierke (Glykogenspeicherkrankheit)
- häufiger
- Andere
- Metastasen
- Urticaria pigmentosa
- Zysten
- kavernöses Hämangiom
- Hämatom
- Abszess
- Sarkom
Eine portale Hypertonie kann durch folgende Ursachen bedingt sein:
Man unterscheidet zwischen
- prähepatischem Block
- intrahepatischem Block
und - posthepatischem Block
Prähepatischer Block
- Pfortaderthrombose, bedingt durch:
- Thromboseneigung (Polycythaemia vera, Einnahme östrogenhaltiger Kontrazeptiva u.a.)
- Septische Thrombose durch Nabelschnurinfektion des Neugeborenen
- Kompression der Pfortader (Tumoren, Pankreaszysten und Lymphknoten)
- Traumata, Peritonitis u.a.
Intrahepatischer Block
- Präsinusoidal mit meist normalem Lebervenenverschlussdruck, bedingt durch:
- Bilharziose/Schistosomiasis
- myeloproliferative Erkrankungen
- Lebermetastasen
- Sinusoidal, bedingt durch:
- Leberzirrhose in 80% der Fälle mit portaler Hypertension
- Postsinusoidal mit erhöhtem Lebervenenverschlussdruck:
- Venooklusive Erkrankungen, bedingt durch Leberschäden die z.B. durch Immunsuppressiva verursacht wurden
Eine scharfe Trennung ist meist nicht möglich, da viele Leberschäden alle Abschnitte der Gefäße verändern
Posthepatischer Block
- Budd-Chiari-Syndrom
→ Verschluss der Lebervenen infolge von Thrombosen, Tumorkompression oder angeborenen membranösen Verschlüssen - Kardialer Aszites: Pericarditis constrictiva, Rechtsherzversagen, schwere Herzinsuffizienz
Splenomegalie durch portale Hypertension Epidemiologie zu:
Splenomegalie durch portale Hypertension
Epidemiologie
Splenomegalie durch portale Hypertension
Derzeit sind keine genauen Daten zur Splenomegalie durch portale Hypertension vorhanden.
Splenomegalie durch portale Hypertension Differentialdiagnosen zu:
Splenomegalie durch portale Hypertension
Differentialdiagnosen
Splenomegalie durch portale Hypertension
- Urticaria pigmentosa
- primäre systemische Amyloidosen
- Systemischer Lupus erythematodes
- Tertiärstadium (Syphilis)
- Sekundärstadium der Syphilis
- Primärstadium (Syphilis)
- Röteln während der Schwangerschaft
- Toxoplasmose
- Syphilis
- Leukämien
- Schistosomiasis und Bilharziose
- Hypersplenismus und Splenomegalie
- Milzvenenthrombose
- Splenomegalie durch Entzündungen
- Splenomegalie bei Morbus Gaucher
- Chronisch myeloische Leukämie
- Splenomegalie bei myeloproliferativem Syndrom
- Thrombozytopenie bei Splenomegalie
- Peritonitis und intraabdomineller Abszess
- Sarkoidose
- Tuberkulose
- Typhus und Paratyphus
- Leberhämangiom
- Zysten im Mediastinum
- Malaria
- Bilharziose
- Leptospirose
- Typhus abdominalis
- Rheumatoide Arthritis
- Sarkome der Lunge
- Hyperspleniesyndrom
- Amyloidosen vom Typ AA
- Morbus Gaucher
- Polycythaemia vera
- Osteomyelofibrose
- Akute Leukämie
- Chronische lymphatische Leukämie
- Non-Hodgkin-Lymphome
- Leberzirrhose
- Mikronoduläre Leberzirrhose
- Cholestase durch Hepatitis und Leberzirrhose
- Glykogenose Typ I
- Morbus Niemann-Pick
- HIV-Infektion und AIDS
- Brucellose
- Typhus
- Endokarditis
- Histoplasmose
- Primäre Hämochromatose
- Akute lymphatische Leukämie
- Akute myeloische Leukämie
- Infektiöse Mononukleose
- Leishmaniose
- Zytomegalie
Splenomegalie durch portale Hypertension Anamnese zu:
Splenomegalie durch portale Hypertension
Anamnese
Splenomegalie durch portale Hypertension
Beim prähepatischen Block (portale Hypertonie) sind folgende Informationen von Bedeutung:
- Meteorismus?
- Oberbauchbeschwerden?
- obere gastrointestinale Blutung?
- Zirrhose? Lebererkrankungen?
- Pfortaderthrombose?
- Ösophagusvarizenblutung?
- Splenomegalie?
- Thromboserisiko?
- Schwangerschaft?
- Fieber, Schmerz? (Peritonitis)
Splenomegalie durch portale Hypertension Diagnostik zu:
Splenomegalie durch portale Hypertension
Diagnostik
Splenomegalie durch portale Hypertension
Die diagnostischen Maßnahmen beim Verdacht auf eine portale Hypertonie umfassen:
Klinische Untersuchung:
- Asiztes? Hepatosplenomegalie?
Laboruntersuchung:
- Blutbild, Gesamteiweiß, Bilirubin
- evtl. Nadelbiopsie, Kontrast-MRT
Abdomensonographie:
- Leberzirrhose?
- Pfortader und Milzvene (erweitert? Farbdoppler: Thrombose?)
- Cruveilhier-von-Baumgarten-Syndrom? (Wiedereröffnete Umbillicalvene)
- Splenomegalie?
- Aszites?
Ösophagogastroduodenoskopie:
- Ösophagus-/Fundusvarizen?
- Hypertensive Gastropathie?
Diagnostische Asiztespunktion
Splenomegalie durch portale Hypertension Klinik zu:
Splenomegalie durch portale Hypertension
Klinik
Splenomegalie durch portale Hypertension
Die portale Hypertonie kann mit folgenden Symptomen einhergehen:
- unspezifische Beschwerden im Oberbauch
- Meteorismus
- Aszites
- Ausbildung von Kollateralkreisläufen
- obere gastrointestinale Blutung
- Zirrhose
- Pfortaderthrombose
- Splenomegalie in über 50% der Fälle
- Blutbild: Thrombozytopenie, Leukopenie, Anämie im Rahmen des Hypersplenie-Syndroms
Splenomegalie durch portale Hypertension Therapie zu:
Splenomegalie durch portale Hypertension
Therapie
Splenomegalie durch portale Hypertension
Therapie des Hyperspleniesyndroms:
- Splenektomie bei
- hereditärer Sphärozytose
- therapierefraktären hämolytischen Anämien
- in ausgewählten Fällen bei kongestiver Splenomegalie
Komplikationen- Postoperative thromboembolische Komplikationen
- erhöhte Anfälligkeit für Pneumokokkeninfektionen
- allgemeines Operationsrisiko durch Grundleiden
Therapie einer oberen gastrointestinalen Blutung und portalen Hypertension:
Medikamentös:
- Senkung des Pfortaderdrucks (um 20-40%) mittels nicht-kardioselektiver Betablocker (z.B. Propanolol) → Primär- u. Sekundärprophylaxe (Ziel: Pulsreduktion um minus 25%, oder auf 60/min)
- Nitrate (Isosorbitmononitrat) und evtl. Spironolacton sind wirksam
- Bei einer akuten Blutung: Senkung der Splanchnikusdurchblutung mittels Terlipressin 1-2 mg i.v. alle 4 Stunden über 2-5 Tage (vasokonstriktorisch wirksames Vasopressin-Derivat)
- Somatostatin 50 μg Bolus, gefolgt von 50 μg/h i.v.
Ligatur und Sklerosierung:
- Anlage einer Gummibandligatur nach erster Ösophagusvarizenblutung
- u.U. primär prophylaktische interventionelle Therapie
- außerdem können Varizenstränge sklerosiert werrden
Ballontamponade:
- Bei akuter Blutung, welche sich nicht endoskopisch unter Kontrolle bringen lässt
→ Einführung einer Senstaken-Blakemore-Sonde (Doppelballonsonde) oder einer Linton-Nachlas-Sonde (Einballonsonde) möglich
TIPS
(transjugulärer intrahepatischer portosystemischer Shunt):
- hierbei handelt es sich um ein Verfahren, bei dem unter radiologischer Kontrolle ein Kurzschluss zwischen hepatischer und portaler Venen geschaffen wird, um eine Reduktion der portalen Hypertension zu erreichen
- Indikationen: portale Hypertension, therapierefraktärer Aszites, hepatorenales Syndrom
- häufig kommt es zu vorübergehender Verschlechterung der Leberfunktion
- perioperative Komplikationsrate: 1,5%
- Verschlechterung einer hepatischen Enzephalopathie in 20-25% der Fälle
- Kontraindikationen: Bilirubin-Erhöhung über 5mg/dl, Enzephalopathie (>Stadium I) und Herzinsuffizienz
Operativ:
- portocavale, mesocavale oder splenorenale Shunts
- Häufigste Komplikation hierbei → Enzephalopathie, da Leber als Entgiftungsorgan umgangen wird sowie Verschlechterung der Leberfunktion durch verminderte Leberdurchblutung
- Operationsletalität: 5-10%
- Enzephalopathierate: 5-30%
- Fünfjahresüberlebensrate: 45-60%
Die Behandlung des Aszites erfolgt nach folgendem Stufenplan:
1. Stufe: Basistherapie
- Vermeidung von Bauchpresse und zu langem Aufrechtsitzen/-Stehen
- Natriumbeschränkung auf 3g/Tag NaCl
- Flüssigkeitsbeschränkung auf 1-1,5l/Tag
- Flüssigkeitsbilanz und Körpergewichtskontrolle täglich! (Minusbilanz von 500 g/Tag ist erwünscht)
- Kontrolle der Elektrolyte: Na, K im Serum, Na im Urin
2. Stufe
- Spironolacton
- bei Bedarf und einer Spironolactondosis > 150mg/Tag außerdem Fursemid/Torasemid und/oder Xipamid
3. Stufe
- Sofern Therapieresistenz, Dyspnoe oder schmerzhaft gespanntes Abdomen bestehen → therapeutische Aszitespunktion. Hierbei ist eine Grenze von 5l/Tag nicht zu überschreiten. Wichtig: Albumingabe (z.B. Humanalbumin)! (8-10g pro Liter punktierter Flüssigkeit). Die Kombination wird als Parazentese bezeichnet.
- TIPS erwägen (s.u.)
operativ:
- TIPS (transjugulärer intrahepatischer portocaval systemischer Stent) bei stabiler Leberfunktion < Child C (Achtung: evtl. Verschlechterung einer hepatischen Enzephalopathie!)
- peritoneovenöses Aszitesventil
- Lebertransplantation
Splenomegalie durch portale Hypertension Komplikationen zu:
Splenomegalie durch portale Hypertension
Komplikationen
Splenomegalie durch portale Hypertension
Die möglichen Komplikationen einer portalen Hypertonie sind:
- Gastrointestinale Blutungen
- hepatische Enzephalopathie
- hepatorenales Syndrom
- spontan bakterielle Peritonitis
- Hyperspleniesyndrom bei Splenomegalie
Übersicht der gastrointestinalen Komplikationen der Leberzirrhose:
Ösophagusvarizen, Einteilung:
- Stadium I: Venektasien, die nach Luftinsufflation verstreichen
- Stadium II: vereinzelte, ins Lumen vorgewölbte Varizenstränge, die nicht nach Luftinsufflation verstreichen
- Stadium III: Prominente Lumeneinengung des Ösophagus, evtl. "Red-Spots" (Zeichen der Epithelausdünnung)
- Stadium IV: Verlegung des Ösphaguslumen durch Varizenstränge, z.T. Erosionen
Magenvarizen, Einteilung:
- Gastroösophageale Varizen
- Typ I: an der kleinen Kurvatur über die Kardia hinausziehende Varizen
- Typ II: an der großen Kurvatur über die Kardia hinausziehende Varizen
- Gastrale Varizen
- Typ I: isolierte Fundusvarizen
- Typ II: Varizen in anderen Magenabschnitten
Portale Gastropathie, Einteilung:
- Grad 1: oberflächlich gefelderte Schleimhaut
- Grad 2: multiple diffuse Schleimhauteinblutungen, "red cherry spots"
Splenomegalie durch portale Hypertension Zusatzhinweise zu:
Splenomegalie durch portale Hypertension
Zusatzhinweise
Splenomegalie durch portale Hypertension
Infektionsprophylaxe bei Splenektomie
- aktive Impfung mit polyvalentem Impfstoff gegen
- Streptococcus pneumoniae
- Haemophilus influenzae
- Meningokokken Gruppe C
möglichst 2-3 Wochen vor Splenektomie, Auffrischimpfung nach 5-10 Jahren (nach Titerkontrolle).
- Infektionsprophylaxe mit Penicillin p.o. oder i.m. alle 4 Wochen lebenslänglich
- Zusätzlich sollten Pat. mit Z.n. Splenektomie bei fieberhaften Erkrankungen rechtzeitig Breitbandantibiotika einnehmen
- Ausstellung eines Notfallausweises
Splenomegalie durch portale Hypertension Literaturquellen zu:
Splenomegalie durch portale Hypertension
Literaturquellen
Splenomegalie durch portale Hypertension
- (2008) Renz-Polster - Basislehrbuch Innere Medizin - Elsevier Urban & Fischer, München
- (2010) G. Herold - Innere Medizin, Köln
- (2010) Baenkler et. al. - Kurzlehrbuch Innere Medizin - Thieme Verlag, Stuttgart
- (2009) Arasteh, Baenkler, Bieber et. Al. - Duale Reihe Innere Medizin, Thieme Verlag Stuttgart
- (2005) Hammer - Therapielexikon Gastroenterologie und Hepatologie - Springer Verlag, Berlin
Splenomegalie durch portale Hypertension
Assoziierte Krankheitsbilder zu Splenomegalie durch portale Hypertension
- Arteriovenöse Fisteln der Milz
- Autoimmunhämolytische Anämien
- Enzymopathien
- Idiopathische thrombozytopenische Purpura
- Milzarterienaneurysma
- Milztrauma Stadium I nach Shackford
- Milztrauma Stadium II nach Shackford
- Milztrauma Stadium III nach Shackford
- Milztrauma Stadium IV nach Shackford
- Milztrauma Stadium V nach Shackford
- Milzzysten
- Primärer Milztumor
- Sichelzellanämie
- Splenektomie
- Splenomegalie bei Morbus Gaucher
- Splenomegalie bei myeloproliferativem Syndrom
- Splenomegalie durch Entzündungen
- Thalassämie
- Thrombotisch thrombozytopenische Purpura
- Thrombozytopenie bei Splenomegalie
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