Spinale Muskelatrophien
Synonyme: progressive spinale Muskelatrophie, SMA, Atrophia muscularis spinalis pseudomyopathica
Definition
Spinale Muskelatrophien
erblich bedingte Degeneration von motorischen Vorderhornzellen des Rückenmarks mit konsekutiver, umschriebener Muskelatrophie ohne Sensibilitätsstörung und unterschiedlicher Altersverteilung
Spinale Muskelatrophien
Ätiologie
Spinale Muskelatrophien
- hereditär: aut.-dom./aut.-rez.
- Prädisposition bei sporadischen Formen: Poliomyelitis anterior
Einteilung:
- Infantile spinale Muskelatrophie (Typ Werdnig-Hoffmann): aut.-rez. (Chrom. 5); Beginn im 1. Lebensjahr, Tod nach 1 - 3 Jahren
- Proximal erbliche neurogene Amyotrophie (Typ Kugelberg-Welander): aut.-dom. (Chrom. 5); Beginn zw. 5. - 15, Lj.
- Progressive distale spinale Muskelatrophie (Typ Duchenne-Aran): aut.-dom. oder aut.-rez.; Beginn um das 30, Lj., häufigste Form
- Progressive spinale Muskelatrophie (Typ Vulpian-Bernhardt): Beginn um 30, Lj.
- Peronealer Typ der SMA: aut.-dom.; Beginn im Kindes- oder Erwachsenenalter
- Spinobulbäre Muskelatrophie (Typ Kennedy): x-chrom.-rez., CAG-Triplett-Repeat-Erkrankung; Beginn zw. 20. - 40, Lj.
- Progressive Bulbärparalyse: Beginn zw. 30. - 40. Lj.
Pathogenese:
- betrifft ausschließlich das 2. Motoneuron bzw. die motorischen Hirnnervenkerne
- es kommt zur neurogenen Muskelatrophie
Spinale Muskelatrophien Epidemiologie zu:
Spinale Muskelatrophien
Epidemiologie
Spinale Muskelatrophien
- Inzidenz: 10/100.000 Neugeborene
Spinale Muskelatrophien Differentialdiagnosen zu:
Spinale Muskelatrophien
Differentialdiagnosen
Spinale Muskelatrophien
- Prader-Willi-Syndrom
- Infantile Zerebralparesen
- Hereditäre motorische und sensible Neuropathien
- Kongenitale Myopathien
- Endokrine Myopathien
- Syringomyelie
- Aufsteigende, bösartige Beckengürtelform (Duchenne)
- Aufsteigende, gutartige Beckengürtelform (Becker-Kiener)
- Myopathia distalis juvenilis hereditaria
- Myopathia distalis hereditaria tarda
- Kongenitale Muskeldystrophie
- Myopathie bei Schilddrüsenkrankheiten
- Metabolische Myopathien
- Amyotrophe Lateralsklerose
- Poliomyelitis acuta anterior
Spinale Muskelatrophien Anamnese zu:
Spinale Muskelatrophien
Anamnese
Spinale Muskelatrophien
- progrediente Muskelschwäche/Muskelschwund?
- Befallsmuster (Muskelgruppen, Symmetrie)
- schlaffe Muskellähmungen, v.a. des Gebrauchsarms?
- Faszikulationen?
- weitere Betroffene in der Familie?
- zusätzliche Symptome: vorzeitiges Brustwachstum, Diabetes mellitus?
Spinale Muskelatrophien Diagnostik zu:
Spinale Muskelatrophien
Diagnostik
Spinale Muskelatrophien
- neurologische Untersuchung: Schwäche und Atrophie umschriebener Muskelgruppen, Faszikulationen, abgeschwächte Reflexe
- Labor: CK in 30% mäßig erhöht
- ENG: motorische NLG mit reduzierter Amplitude, sensible NLG normal
- EMG: gelichtetes Interferenzmuster, pathologische Spontanaktivität, Riesenpotentiale
- Muskelbiopsie: gruppierte neurogene Atrophie
- molekulargenetische Diagnostik: bei Erwachsenen meist entbehrlich
Spinale Muskelatrophien Klinik zu:
Spinale Muskelatrophien
Klinik
Spinale Muskelatrophien
Allgemein:
- langsam progrediente schlaffe Lähmungen
- sichtbare Muskelatrophien
- Faszikulationen
- evtl. sekundäre Skelettanomalien durch Fehlbelastung (Hyperlordose, Skoliose, Hohlfuß)
- keine sensiblen oder vegetativen Störungen
- normale geistige Entwicklung und Intelligenz
Spezifisch:
- Infantile spinale Muskelatrophie (Typ Werdnig-Hoffmann): Beginn mit Trinkschwäche und muskulärer Hypotonie ("Floppy child"), paradoxe Schaukelatmung, dann proximal beinbetonte Ausfälle, Bulbärbefall
- Proximal erbliche neurogene Amyotrophie (Typ Kugelberg-Welander): Beginn mit proximaler Beinschwäche und Ausfälle im Beckengürtelbereich, Watschelgang, dann Ausfall der Schulter-Arm-Muskulatur
- Progressive distale spinale Muskelatrophie (Typ Duchenne-Aran): Beginn mit Ausfällen der kleinen Handmuskeln mit Thenaratrophie (Affenhand), Krallenhand und später Ausfall der Schulter-Arm-Muskulatur
- Progressive spinale Muskelatrophie (Typ Vulpian-Bernhardt): symmetrische Ausfälle im Schultergürtelbereich = skapulo-humeraler Typ
- Peronealer Typ der SMA: sehr langsam verlaufende Form mit Ausfällen der Unterschenkelmuskulatur
- Spinobulbäre Muskelatrophie (Typ Kennedy): Beginn mit proximalen Paresen der Arme und Beine, Ausfälle kaudaler Hirnnerven, endokrinologische Störungen (Diabetes mellitus, Gynäkomastie, Hodenatrophie)
- Progressive Bulbärparalyse: Ausfälle der kaudalen Hirnnerven
Spinale Muskelatrophien Therapie zu:
Spinale Muskelatrophien
Therapie
Spinale Muskelatrophien
- derzeit keine kausale Therapie verfügbar
- schonende Physiotherapie und Muskelaufbautraining
- evtl. Kreatin 10g/d
- in Einzelfällen: orhtopädisch-chirurgische Korrektur muskuloskelettaler Deformitäten
- in Einzelfällen: Heimbeatmung
Spinale Muskelatrophien Komplikationen zu:
Spinale Muskelatrophien
Komplikationen
Spinale Muskelatrophien
- Aspiration mit Pneumonie
- respiratorische Insuffizienz durch Beteiligung der Atemmuskulatur
- Ernährungsprobleme
Spinale Muskelatrophien Zusatzhinweise zu:
Spinale Muskelatrophien
Zusatzhinweise
Spinale Muskelatrophien
- langsam-progredienter Verlauf mit Ausnahme des Typs Werdnig-Hoffmann mit Tod innerhalb der ersten 2 - 3 Lebensjahre
- bulbäre Beteiligung meist rascher progredient und prognostisch ungünstig
Spinale Muskelatrophien Literaturquellen zu:
Spinale Muskelatrophien
Literaturquellen
Spinale Muskelatrophien
1. Gleixner C, Müller M, Wirth S (2007) - Neurologie und Psychatrie - Medizinische Verlags- und Informationsdienste, Breisach
2. Grehl H, Reinhardt F (2008) - Checkliste Neurologie, 4. überarbeitete und aktualisierte Auflage - Georg Thieme Verlag, Stuttgart
Spinale Muskelatrophien
Assoziierte Krankheitsbilder zu Spinale Muskelatrophien
- Aufsteigende, gutartige Beckengürtelform (Becker-Kiener)
- Kongenitale Muskeldystrophie
- Kongenitale Myopathien
- Endokrine Myopathien
- Metabolische Myopathien
- Myopathia distalis hereditaria tarda
- Myopathia distalis juvenilis hereditaria
- Myopathie bei Schilddrüsenkrankheiten
- Amyotrophe Lateralsklerose
- Aufsteigende, bösartige Beckengürtelform (Duchenne)
- Hereditäre motorische und sensible Neuropathien
- Poliomyelitis acuta anterior
- Prader-Willi-Syndrom
- Progressive Bulbärparalyse
- Syringomyelie
- Infantile Zerebralparesen
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