Schlaganfall als Notfall
Synonyme: Gehirnschlag, zerebraler Insult, Apoplektischer Insult, Apoplexia cerebri, Apoplex, Insult
Definition
Schlaganfall als Notfall
Der Schlaganfall als Notfall ist eine akute Ischämie des Gehirns mit vaskulärer Ursache. Je nach betroffenem Hirnareal können eine Vielzahl neurologischer Symptome auftreten.Es handelt sich um einen Notfall, der einer sofortigen Einweisung in eine Klinik, möglichst mit Stroke-Unit, bedarf.
Schlaganfall als Notfall
Ätiologie
Schlaganfall als Notfall
Die Ursachen des Schlaganfalls als Notfall sind:
Ischämie (80%):
- Arteriosklerose
- arterielle Thrombose
- arterielle Embolien aus linkem Herzen z.B. bei Mitralvitien, Herzinfarkt, Vorhofflimmern, bakterieller Endokarditis
- Vaskulitiden
Extrakraniell: Arterien zwischen Aortenbogen und Schädelbasis (supraaortale Äste des Aortenbogens)
- Truncus brachiocephalicus, A. subclavia, A. vertebralis, A. carotis com. + int.
- häufigste: carotis int.(50%), Prädilektionsstelle Carotisgabel
Intrakraniell:
- Circulus arteriosus Willisi + abgehende Hirnarterien
- häufigste: A. cerebri media (25%)
Hämorrhagie (20%):
- Traumata z.B. durch Unfall
Schlaganfall als Notfall Epidemiologie zu:
Schlaganfall als Notfall
Epidemiologie
Schlaganfall als Notfall
Folgende epidemiologische Daten zum Schlaganfall als Notfall liegen vor:
- 80-85% aller Fälle: Ischämie
- 15-20% aller Fälle: Hämorrhaghie
- Dritthäufigste Todesursache in Industrieländern (nach Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs)
- Inzidenz: 1,74:1000 Einwohner
- Erkrankungsgipfel: Männer: 70 Jahre, Frauen: 75 Jahre
- 19,4% der Schlaganfall-Patienten sterben innerhalb des ersten Monats, 28,5% sterben innerhalb der ersten 3 Monate und 37% innerhalb des ersten Jahres
- Nach einer TIA erleiden 10% der Patienten innerhalb der ersten beiden Tage einen Schlaganfall und weitere 15% in den ersten 14 Tagen.
- Bei 20-50% aller Patienten kann unmittelbar nach einer TIA eine cerebrale Läsion im MRT festgestellt werden
Schlaganfall als Notfall Differentialdiagnosen zu:
Schlaganfall als Notfall
Differentialdiagnosen
Schlaganfall als Notfall
- Epilepsie in der Schwangerschaft
- Hypokaliämie
- Hypoglykämie und hypoglykämischer Schock
- Enzephalitis
- Maligne Hirntumoren
- Sinusvenenthrombose
- Guillain-Barré-Syndrom
- Multiple Sklerose
- Neurolues
- Meningeome
- Medulloblastome
- Akute Subarachnoidalblutung
- Hypertensive Krise und Hypertensiver Notfall
Schlaganfall als Notfall Anamnese zu:
Schlaganfall als Notfall
Anamnese
Schlaganfall als Notfall
Beim Schlaganfall als Notfall sind folgende Informationen von Bedeutung:
- Welche Symptome liegen vor und wie lange?
- Plötzliches Auftreten?
- Einseitiges Auftreten der Symptome?
- Schwäche von Armen/Beinen?
- Sprachstörungen?
- Sehstörungen?
- Schwindel?
- Gleichgewichtsprobleme?
- Kopfschmerzen?
- Bewußtseinsstörung?
- Schädelverletzung?
- Risikofaktoren bekannt (Hoher Blutdruck, Nikotin, Herz-Kreislauferkrankungen, Diabetes)?
Schlaganfall als Notfall Diagnostik zu:
Schlaganfall als Notfall
Diagnostik
Schlaganfall als Notfall
Zur diagnostischen Abklärung der transistorisch-ischämischen Attacke sind relevant:
Präklinisch
- Anamnese
- neurologischer Defizitbefund
- Blutdruck
- Auskultation der Thoraxorgane
- Blutzucker
- EKG/Kardioskopie
Cincinnati Prehospital Stroke Scale:
- Auffordern zu lächeln (Facialisparese)
- Arme mit offenen Handflächen ausstrecken lassen (Armparese)
- Einen Satz nachsprechen lassen (Aphasie)
Klinisch
- Standardisierte Anamnese
- neurologische Untersuchung
- kranielles CT oder MRT (Differenzierung zwischen hämorrhagischem und ischämischem Infarkt)
- Extra- und transkranielle Dopplersonografie
- Echokardiografie
- EEG
- Labor: BB, Gerinnung, Elektrolyte, ggf. Drogenscreening
Schlaganfall als Notfall Klinik zu:
Schlaganfall als Notfall
Klinik
Schlaganfall als Notfall
Der Schlaganfall als Notfall kann eins oder mehrere der folgenden Symptome zeigen:
- Sehstörung (z.B. Gesichtsfeldausfall, Erblindung, Doppelbilder)
- Neglect
- Schwindel, Gleichgewichts- und Koordinationsstörungen
- Taubheit
- Lähmungen von Armen, Beinen, Gesicht oder ganzer Körperpartien
- Verwirrung, Verständnis- und Orientierungsstörungen
- Kopfschmerz
Schlaganfall als Notfall Therapie zu:
Schlaganfall als Notfall
Therapie
Schlaganfall als Notfall
Beim Schlaganfall als Notfall muß schnellstmöglich die Einweisung in ein Akutkrankenhaus mit Stroke unit erfolgen.
Präklinische Maßnahmen:
Legen eines venösen Zugangs und Sicherung der Vitalfunktionen
Arterielle Hypertonie 2 x in 5 min Abstand messen
- RR < 220/<120 mm Hg: Belassen
- RR > 220/>120 mm Hg: Urapidil 12,5 mg i.v.
- RR > XXX/>140 mm Hg: Nitroglycerin Spray 2 Hub
Arterielle Hypoptonie RR < 100/XXX mm Hg
- Flüssigkeit substituieren
Blutzuckertest
Bei Hypoglykämie < 80 mg:Glucose 40% 30 ml i.v.
Hypoxie - Therapie bei Verdacht, keine COLD
- Sauerstoff nasal 4l/min
- Pulsoxymetrie O2-Sättigung > 95% halten
Exsikkose - Verdacht
- NaCl 0,9% 500 ml i.v.
Krampfanfall ohne spontanes Sistieren
- Clonazepam 1-2 mg i.v.
Folgende Maßnahmen sind kontraindiziert:
- Heparin, ASS, Clopidogrel
- Steroide
- Nimodipin
- Hypo- und isovolämische Hämodilution
- I.M.-Injektionen
Therapie in der Klinik:
Intravenöse Lysetherapie:
- i.v. Thrombolyse in ersten 3h nach Insultbeginn, (nach CT, Fehlen früher Infaktzeichen, Ausschluss KI)
- Streptokinase: initial 250,000 IE i.v. über 30 min, danach 100,000 IE/h i.v. bis zur erfolgreichen Lyse (1-3 bis max. 5 Tage lang)
- Tenecteplase: 1 x 30 mg (KG < 60kg) bis 50 mg (KG > 90kg) tgl i.v.
- Alteplase (rt-PA): 15 mg Bolus i.v., dann 85 mg i.v. kontinuierlich über 2h (bei Gewicht < 65 kg 1,25 mg t-PA/kg)
- Reteplase (r-PA): 2 x 10 IE i.v. im Abstand von 30 min
Intraarterielle Lysetherapie (Zeitfenster 6 Stunden):
- Alteplase (rt-PA): 15 mg in die linke und 15 mg in die rechte Hirnarterie, wenn weitere Lyse erforderlich: kontinuierliche Infusion von rt-PA bis zu 100 mg über 2h
Karotis-Desobliteration: evtl. innerhalb der ersten 6 Stunden
Anti-Koagulation:
- Heparin: 5,000 IE i.v. als Bolus, dann 30,000-35,000 IE i.v. oder s.c./d oder 2 x 500 IE/kg/24h über einige Tage
Rehabilitation:
Nach der Akutphase sollte eine Rehabilitation erfolgen, um die Wiedereingliederung des Patienten in den Beruf zu ermöglichen und Pflegebedürftigkeit zu vermeiden.
- Physiotherapie
- Physikalische Therapie
- Ergotherapie
- Logopädische Therapie
- evtl. Psychotherapie
Präventionsmaßnahmen:
- Auf den Patienten abgestimmte Präventionsmaßnahmen sind Teil einer langfristigen Therapie.
- Rauchentwöhnung
- Senkung einer Hypertonie
- Therapie des Diabetes mellitus
- Sportliche Betätigung
- Gewichtssenkung
- Moderater Alkoholgenuß hat bei Männern nachweisbar einen protektiven Effekt (bei Frauen ist die Datenlage noch unklar)
Antithrombotische Therapie:
- ASS: 100 mg/d p.o.
- Clopidogrel: 1 x 75 mg/d p.o.
- Ticlopidin: 2 x 250 mg/d p.o.
- Cumarine nur bei hohem Risiko indiziert
Schlaganfall als Notfall Komplikationen zu:
Schlaganfall als Notfall
Komplikationen
Schlaganfall als Notfall
Folgende Komplikationen des Schlaganfalls als Notfall liegen vor:
- Tod (Klinikletalität ca 5%)
- Irreversible neurologische Defizite (z.B. Paresen, Sprachstörungen, Inkontinenz usw.)
- Depressionen
- Pflegebedürftigkeit
Prognose nach dem 1. Apoplex:
- ca 1/3 der Überlebenden ohne weitere Einschränkungen
- ca 1/3 mit Einschränkungen
- ca 1/3 pflegebedürftig
- Tod (Klinikletalität ca 5%)
- Irreversible neurologische Defizite (z.B. Paresen, Sprachstörungen, Inkontinenz usw.)
- Depressionen
- Pflegebedürftigkeit
Prognose nach dem 1. Apoplex:
- ca 1/3 der Überlebenden ohne weitere Einschränkungen
- ca 1/3 mit Einschränkungen
- ca 1/3 pflegebedürftig
Schlaganfall als Notfall Zusatzhinweise zu:
Schlaganfall als Notfall
Zusatzhinweise
Schlaganfall als Notfall
Zum Schlaganfall als Notfall liegen derzeit folgende Zusatzhinweise vor:
- Aufgrund der zunehmenden Überalterung der Gesellschaft wird mit einer starken Zunahme von Schlaganfällen in den kommenden Jahrzehnten gerechnet.
- Die klassische Differenzierung zwischen TIA, PRIND und Apoplex wird immer weniger verwendet. Stattdessen wird stärker auf eine pathophysiologische Einteilung gesetzt, da neuere Studien gezeigt haben, dass auch bei kurzfristig auftretender Symptomatik in der Regel bereits dauerhafte Hirnläsionen nachweisbar sind. Bei Einführung einer neuen offiziellen Klassifizierung werden auch die Informationen auf Med2Click aktualisiert.
Schlaganfall als Notfall Literaturquellen zu:
Schlaganfall als Notfall
Literaturquellen
Schlaganfall als Notfall
- (2006) Knuth, P, Sefrin, P - Notfälle nach Leitymptomen - Deutscher Ärzteverlag Köln 5. Auflage
- (1996) Dommel, U - Der akute Schlaganfall. Leitfaden für Klinik und Praxis - Aktuelles Wissen Hoechst Verlag
- (1997) Köster, I, von Ferber, L - Bericht über die Häufigkeit und Verteilung von Schlaganfall, Altersdiabetes, gerontopsychiatrischen Erkrankungen und Multimorbidität in Herne - Forschungsgruppe Primärärztliche Versorgung Köln
- (2007) Berlit P - Basiswissen Neurologie - Springer
- (2007) Masuhr K F, Neumann M - Neurologie,6. Aufl. - Thieme Verlag, Duale Reihe
- (2007) Buchner H - Neurologische Leitsymptome und diagnostische Entscheidungen - Thieme
- (2007) Bitsch A - Neurologie to go - Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft
- (2006) Poeck K, Hacke W, - Neurologie - Springer Verlag
- (2006) Mumenthaler M, Mattle H - Kurzlehrbuch Neurologie - Thieme Verlag
- (2008) Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie - Akuttherapie des ischämischen Schlaganfalls: http://www.uni-duesseldorf.de/WWW/AWMF/ll/030-046.htm >
- (2009) Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin - Schlaganfall: http://www.uni-duesseldorf.de/WWW/AWMF/ll/053-011i.htm >
Schlaganfall als Notfall
Assoziierte Krankheitsbilder zu Schlaganfall als Notfall
- CADASIL (Cerebrale autosomal dominante Arteriopathie mit subkortikalen Infarkten und Leukoenzephalopathie)
- Hypertensive Krise und Hypertensiver Notfall
- Luftembolie
- Migräne-assoziierter Schlaganfall
- Septisch-embolische Herdenzephalitis
- Transitorisch-ischämische Attacke
- Fettembolie des ZNS
- Moya-Moya-Syndrom
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Am häufigsten aufgerufene Krankheitsbilder in Neurologie
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