Parotitis epidemica
Synonyme: Mumps, Speicheldrüseninfektion, virale Sialadenitis, Ziegenpeter, Bauernwetzel, Wochentölpel
Definition
Parotitis epidemica
Bei der Parotitis epidemica handelt es sich um eine Speicheldrüsenentzündung als Folge einer Infektion mit dem Mumpsvirus.
Parotitis epidemica
Ätiologie
Parotitis epidemica
Zu den Ursachen einer Parotitis epidemica zählen:
- Erreger: Mumpsvirus, umhülltes RNA-Virus (Familie der Paramyxoviridae)
- Übertragungsweg: Tröpfcheninfektion oder durch direkten Kontakt (Küssen) sowie durch Kontakt mit durch das Virus kontaminierten Objekten
- Ausscheidung des Virus über Speichel, Urin, Muttermilch
- Inkubationszeit: 18 - 21 (12 - 25) Tage
- Infektiosität: ca. 6 Tage vor bis etwa 9 Tage nach Beginn der Parotisschwellung
Parotitis epidemica Epidemiologie zu:
Parotitis epidemica
Epidemiologie
Parotitis epidemica
Zur Epidemiologie der Parotitis epidemica:
- es sind insbesondere Schulkinder betroffen
- nur etwa jeder 10. Patient ist älter als 15 Jahre
- Jungen sind deutlich häufiger von der Parotitis epidemica betroffen als Mädchen
- nach Einführung des Lebendimpfstoffs sank in den USA die Anzahl von Mumps-Erkrankungsfällen zwischen 1968 und 1993 um 99% (von 152.209 auf 1,692 Fälle) [9]
Parotitis epidemica Differentialdiagnosen zu:
Parotitis epidemica
Differentialdiagnosen
Parotitis epidemica
- Solides Gesichtsödem bei Akne
- Zytomegalievirus
- Lymphadenitis colli
- Azinuszellkarzinom
- Mucoepidermoidtumor
- Karzinom im pleomorphen Adenom
- Azinuszelltumor
- Adenoid-zystisches Karzinom der Speicheldrüse
- Zystadenolymphom
- Pleomorphes Adenom der Speicheldrüsen
- Myoepitheliale Sialadenitis
- Akute Sialadenitis
- Zytomegalie
- Radiogene Sialadenitis
- Epitheloidzellige Sialadenitis
- Sialadenose
- Sialolithiasis
- Verletzungen der Speicheldrüsen
- Atypischer Gesichtsschmerz
- Trigeminusneuralgie
- Karzinome der Speicheldrüsen
- Klinische Syndrome mit Beteiligung der Speicheldrüsen
- Sialosen
- Parotitis
- Retentionszysten der Speicheldrüsen
Parotitis epidemica Anamnese zu:
Parotitis epidemica
Anamnese
Parotitis epidemica
Bei der Parotitis epidemica sind folgende Informationen von Bedeutung:
- Welche Beschwerden bestehen? Seit wann?
- bestehen Schmerzen? wo? Wangenschmerzen?
- Schmerzen beim Kauen?
- Schwellung im Gesicht aufgetreten?
- Fieber?
- andere Beschwerden? Bauchschmerzen? Übelkeit? Erbrechen? Kopfschmerzen?
- Hat sich das Hören verschlechtert? Ohrenschmerzen?
- ist die Menge an Speichel geringer geworden?
- ähnliche Fälle in der Umgebung?
- Impfstatus? Impfpass?
- bereits durchgemachte Mumpserkrankung?
- andere Vorerkrankungen bekannt? Immunschwäche? Immunerkrankungen? Speichelsteine?
- wurde eine Bestrahlung vorgenommen?
- welche Medikamente werden eingenommen?
Parotitis epidemica Diagnostik zu:
Parotitis epidemica
Diagnostik
Parotitis epidemica
Diagnostisch relevant bei V.a. eine Parotitis epidemica sind [9]:
- Anamnese
- körperliche Untersuchung:
- Inspektion und Palpation der Gl. parotis: Schwellung der Drüse? uni- oder bilateral? Konsistenz (teigig), Druckdolenz, Schwellung und Rötung des Ausführungsgangs? Eiteraustritt? Rötung der Haut? Durchbruch nach außen oder in die Mundhöhle? Abstehendes Ohrläppchen?
- Inspektion und Palpation der Glandula submandibularis: mitbetroffen (häufig)?
- Temperaturmessung
- Labor: Diff-BB, CRP, BSG, Amylase, serologischer Antikörpernachweis (Mumpsviren)
- Mikrobiologie: Erregernachweis bei Mumpsinfektion durch Abstrich nach Ausstreichen der Drüse, RNA-Nachweis durch Rachenabstrich, Speichel und ggf. Liquor
- Sonographie der Speicheldrüsen, evtl. Abdomen-Sonographie (bei V.a. Mumps-Infektion)
- Tonaudiometrie: Innenohrschwerhörigkeit bei Labyrinthitis (Komplikation)
- evtl. zum Ausschluss von Differentialdiagnosen: Biopsie und histologische Aufarbeitung, Röntgen, MRT, CT, Funktions-Szintigraphie
- evtl. weitere Abklärung von Komplikationen
Parotitis epidemica Klinik zu:
Parotitis epidemica
Klinik
Parotitis epidemica
Die Parotitis epidemica präsentiert sich meist wie folgt [9]:
- Fieber
- Kopf- und Gliederschmerzen
- Schwellung der Parotis, oftmals erst ein- später dann beidseitig
- abstehendes Ohrläppchen
- Schmerzen, insbesondere beim Kauen
- deutlich reduzierter Allgemeinzustand
Weitere Symptome im Rahmen einer Infektion mit Mumpsviren können sein [9]:
- oftmals entzündete Mundschleimhaut
- evtl. Bauchschmerzen, Appetitlosigkeit, Übelkeit bei Pankreatitis
- Verschlechterung des Hörens bei Innenohrbeteiligung
- Kopfschmerzen, Übelkeit, verminderte Belastbarkeit bei Meningitis / Meningoenzephalitis
- Schmerzen im Skrotalfach, bei Epididymitis / Orchitis
- Bauchschmerzen bei Oophoritis
- Brustschmerzen bei Mastitis
Parotitis epidemica Therapie zu:
Parotitis epidemica
Therapie
Parotitis epidemica
Die therapeutischen Möglichkeiten bei einer Parotitis epidemica umfassen:
Symptomatische Behandlung [9]:
- Stimulation der Salivation
- Hydratation
- Analgetika/Antipyretika: z.B. Paracetamol: 3-4x tgl. 10-15mg/kgKG/d, max. 50mg/kgKG/d p.o. (Erwachsene)
Prophylaxe der Parotitis epidemica [8; 9]:
- aktive Impfung mit Lebendimpfstoff
- meist Kombinationsimpfung (MMR)
- 1. Impfung ab dem 11. Lebensmonat möglich, Auffrischung am besten bis zum Ende des 2. Lebensjahres (frühestens 4 Wochen nach der Erstimpfung)
Beachte: Nach der Erkrankung sollte ein Hörtest durchgeführt werden!
Parotitis epidemica Komplikationen zu:
Parotitis epidemica
Komplikationen
Parotitis epidemica
Bei der Parotitis epidemica können folgende Komplikationen vorkommen [9]:
- Meningoenzephalitis: in bis zu 70% der Fälle, kann zur Innenohrschwerhörigkeit führen
- Mumps-Orchitis: (25 - 30%) während der Pubertät, fieberhaft, meist einseitig und schmerzhaft, zusätzlich Epididymitis, kann zur Atrophie führen, bei beidseitigem Befall droht Sterilität
- Pankreatitis: in bis zu 40% der Fälle
seltener:
- Adnexitis
- Thyreoiditis
- Thymiditis
- Chorioretinitis
- Keratitis
- Retinitis
- Myokarditis
- Nephritis
- Polyarthritis
- thrombozytopenische Purpura
Parotitis epidemica Zusatzhinweise zu:
Parotitis epidemica
Zusatzhinweise
Parotitis epidemica
Zusatzhinweise zur Parotitis epidemica [8; 9]:
- Die Parotitis epidemica ist die häufigste Ursache für eine bleibende Schwerhörigkeit bei Kindern (Hörtest nach der Erkrankung durchführen!)
- es gibt eine wirkungsvolle Aktivimpfung gegen eine Infektion mit Mumpsviren (auch als Kombinationsimpfung MMR/MMRV verfügbar)
- erst 9 Tage nach Beginn der Parotitis epidemica ist bei gutem Allgemeinzustand das Besuchen einer Gemeinschaftseinrichtung wieder möglich
Parotitis epidemica Literaturquellen zu:
Parotitis epidemica
Literaturquellen
Parotitis epidemica
- (2008) Probst R, Grevers G, Iro H - Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde - Thieme
- (2005) Arnold W, Ganzer U - Checkliste Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde - Thieme
- (2007) Sitzmann F C - Pädiatrie - Thieme
- (2005) Boenninghaus H, Lenarz T - Hals-Nasen-Ohren Heilkinde - Springer
- (2010) RKI - Empfehlungen der STIKO - Ständige Impfkomission (STIKO)
- (2008) AWMF-Leitlinie - Speicheldrüseninfektionen - Deutsche Gesellschaft für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie (DGMKG)
- (2009) AWMF-Leitlinie - Speicheldrüsen Drüsenschwellung - Deutsche Röntgengesellschaft (DRG)
- (1998) CDC - Measles, Mumps, and Rubella - Vaccine use and strategies for elimination of measles, rubella, and congenital rubella syndrome and control of mumps: Recommendations of the Advisory Committee on Immunization Practices (ACIP). MMWR 1998; 47 (RR-8);1.
- (1995) CDC - Mumps surveillance-United States, 1988-1993. MMWR 1995; 44 (No. SS-3):1
Parotitis epidemica
Assoziierte Krankheitsbilder zu Parotitis epidemica
Am häufigsten aufgerufene Krankheitsbilder in Hals, Nasen, Ohren
Weiterführende Links
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