Masern
Synonyme: Morbilli, 1. Infektionskrankheit, Measles
Definition
Masern
Masern sind eine hochgradig ansteckende Viruserkrankung. Typisch sind ein charakteristisches Prodromalstadium und ein generalisiertes Exanthem. Im weiteren Verlauf kann es zu schwerwiegenden Komplikationen kommen.
Masern
Ätiologie
Masern
Zu den Ursachen einer Infektion mit dem Masernvirus zählen:
- Erreger: Masernvirus, RNA-Virus, Familie der Paramyxoviridae, nur 1 Serotyp existent
- Übertragungswege: Tröpfcheninfektion, selten auch durch Luftzug
- Kontagiosität und Manifestationsindex sehr hoch: etwa 95% [13]
- Mensch als einziges Erregerreservoir [10]
- Infektiosität: 3-5 Tage vor bis 4 Tage nach Auftreten des Exanthems [13]
- Inkubationszeit: zwischen 8 und 14 Tagen
- im ersten Lebensjahr besteht ein Nestschutz gegenüber einer Infektion mit dem Masernvirus
Masern Epidemiologie zu:
Masern
Epidemiologie
Masern
Zur Epidemiologie der Infektion mit dem Masernvirus:
- hohe Morbidität in Deutschland wegen niedriger Durchimpfungsraten
- es sind insbesondere Kleinkinder betroffen: typisches Erkrankungsalter zwischen 1 und 4 Jahren
- Allein im Jahr 2008 gab es 915 Masern-Fälle in Deutschland
- Weltweit gab es im Jahr 1995 etwa 44 Mio. Masern-Erkrankungen und 1,1 Mio. durch Masern bedingte Todesfälle [14]
- 777.000 Kinder weltweit starben im Jahr 2000 an Masern [15]
- 553.000 Kinder weltweit starben im Jahr 2003 an Masern [15]
Masern Differentialdiagnosen zu:
Masern
Differentialdiagnosen
Masern
- Arzneimittelexanthem
- Allergische Kontaktstomatitis
- Exanthema subitum
- Eczema herpeticatum
- Ringelröteln
- Varizellen
- Aviäre Influenza
- Influenza A - H1N1
- Haemophilus influenzae-lnfektion
- Akute Bronchitis
- Medikamentös induzierte Diabetesformen
- Medikamentöse Osteoporose
- Röteln
- 3-Tage-Fieber
- Varizella-Zoster-Virus
- Influenza
- Parainfluenza
- Akute Rhinopharyngitis
- Scharlach
- Purpura Schoenlein-Henoch
- Atopische Dermatitis
- Insektengiftallergie
- Akute Urtikaria
- Chronische Urtikaria
- Kawasaki-Syndrom
- Mykotische Vulvovaginitis
- Appendizitis
- Bakterielle Konjunktivitis
- Virale Konjunktivitis
- Akute Sinusitis
- Seborrhoisches Säuglingsekzem
- Windeldermatitis
- Infektiöse Mononukleose
- Tracheitis
- Akute Laryngitis
- Akute Epiglottitis
- Allergische Reaktion
- Erythema exsudativum multiforme
- Herpes simplex
Masern Anamnese zu:
Masern
Anamnese
Masern
Bei Masern sind folgende Informationen von Bedeutung:
- Welche Beschwerden bestehen? Seit wann?
- Fieber neu aufgetreten? Wie hoch? Fieberverlauf?
- Exanthembildung? An welchen Körperstellen? Wie sieht es aus?
- Juckreiz?
- Kopfschmerzen?
- Ess- und Trinkverhalten?
- Erbrechen?
- Husten? Schnupfen?
- gerötete Augen (Bindehautentzündung)?
- Durchfälle neu aufgetreten?
- Impfstatus? Nach Empfehlungen der STIKO regelmäßig geimpft worden?
- Ähnliche Erkrankungsfälle in der Umgebung aufgetreten?
- Vorerkrankungen? Immunschwäche?
- Welche Kinderkrankheiten durchgemacht?
- Allergien?
- Werden Medikamente eingenommen? Welche?
- Zeitlicher Abstand zwischen Einnahme der Medikamente und Auftreten des Exanthems?
Masern Diagnostik zu:
Masern
Diagnostik
Masern
Zur diagnostischen Abklärung der Masern sind relevant [17]:
- Anamnese
- körperliche Untersuchung, dabei insbesondere:
- Untersuchung des Integuments auf ein Exanthem: Lokalisation, Form, Farbe, Abgrenzbarkeit, Erhabenheit: hinter den Ohren beginnend, innerhalb von 3 T. generalisierend, makulopapulös, teils konfluierend, stark gerötet, bis ca. 1cm große Flecken, teils hämorrhagisch, nach 3-4 T. in der Reihenfolge des Auftretens abblassend und evtl. schuppend
- Inspektion von Mundhöhle und Rachen: Koplik-Flecken? Enanthem?
- Meningismus-Zeichen: auslösbar?
- Temperaturmessung: typischerweise febril
- Labor: Diff-BB (Leukopenie, Neutrophilie, Linksverschiebung), CRP, BSG, Titer: IgM-Anstieg (etwa ab dem 3. Tag nach Exanthemausbruch) [17]
- Mikrobiologie: Virusnachweis aus Lymphozyten und Rachenspülwasser möglich (meist nicht nötig)
Beachte: Meist ist die Diagnosestellung klinisch möglich!
Masern Klinik zu:
Masern
Klinik
Masern
Die Masern können eines oder mehrere der folgenden Symptome zeigen [17]:
Inkubationszeit: dauert etwa 8-14 Tage
Prodromalstadium:
- etwa ab dem 8.-9. Tag nach Infektion
- Dauer 3-5 Tage
- Fieber (1. Fieberanstieg)
- Reizhusten, trocken
- Rhinitis
- Konjunktivitis
- Enanthem in Mund und Rachen
- Koplik-Flecken (kalkspritzerartige Flecken mit rotem Hof an der Wangenschleimhaut gegenüber der Molaren)
Exanthemstadium:
- erneuter, plötzlicher Anstieg der Körpertemperatur (2. Fieberanstieg)
- stark reduzierter AZ
- großfleckiges, hochrotes, livides, konfluierendes Exanthem; beginnt hinter den Ohren und im Gesicht, Ausbreitung über den ganzen Körper
- später kleieartige Schuppung
- häufig generalisierte Lymphadenopathie
- Abblassen des Exanthems nach 3 Tagen
Rekonvaleszenzstadium: dauert etwa 1-2 Wochen
Sonderformen der Masernerkrankung:
- Mitigierte Masern: bei Teilimmunität durch Nestschutz im 2. Lebensjahr - insgesamt abgeschwächter Verlauf
- Foudroyant-toxischer Verlauf: unter Immunsuppression - Exanthem kann ausbleiben ("weiße Masern"), insgesamt schwerere Verlaufsform
- Atypische Masern: nach Impfung mit dem Totimpfstoff (außer Handel) auftretende Masern
Masern Therapie zu:
Masern
Therapie
Masern
Die Therapiemöglichkeiten bei Masern umfassen [18]:
Symptomatische Therapie:
- ausreichende Flüssigkeitszufuhr, je nach Trinkverhalten oral oder i.v.
- körperliche Schonung
- Zimmer abdunkeln bei Konjunktivitis
- evtl. Antitussiva: z.B. Diphenhydramin als Hustensaft, 1,4mg in 1ml - bei Kindern (1.-6. LJ): 3x ein halber Teelöffel/d
- Antipyretika: z.B. Paracetamol: 3-4x tgl. 10-15mg/kgKG/d, max. 50mg/kgKG/d p.o. (Erwachsene)
- Antibiotika: bei bakterieller Superinfektion (z.B. bei Otitis media: Amoxicillin + Clavulansäure, 1.-12. LJ: 75mg/kgKG/d in 2-3 ED)
Beachte: Eine spezifische antivirale Therapie existiert nicht!
Erkrankte sollten bis 4 Tage nach Exanthemausbruch isoliert werden!
Prophylaxe: Aktivimpfung mit Lebendimpfstoff (siehe Zusatzhinweise)
Masern Komplikationen zu:
Masern
Komplikationen
Masern
Bei Masern kommen folgende Komplikationen vor [17]:
- am häufigsten: Otitis media (~10% der Fälle)
- Pseudokrupp
- Bronchitis
- Bronchopneumonie
- Riesenzellpneumonie
- bakterielle Superinfektionen
- Toxisches Kreislaufversagen
- Meningitis
- akute postinfektiöse Masernenzephalitis (am 3. - 9. Tag nach Exanthembeginn, Letalität 30%, hohe Rate an Defektheilungen, Häufigkeit insgesamt 1:1.000)
- subakut sklerosierende Panenzephalitis (SSPE; Manifestation nach einer Latenz von 5-10 Jahren, stadienhafter Verlauf, endet letal, Häufigkeit 1:10.000 bis 1:50.000, Symptome: Veränderungen der Persönlichkeit, des Verhaltens, des Intellekts, epileptische Anfälle, muskuläre Hypertonie)
Masern Zusatzhinweise zu:
Masern
Zusatzhinweise
Masern
Wichtige Zusatzhinweise bei Masern [17]:
- es besteht Meldepflicht bei Verdacht , Erkrankung und Tod durch Masern
- innerhalb von 6 Wochen nach Infektion kann der Tuberkulintest negativ ausfallen
- nach Infektion ist die Immunabwehr für mehrere Wochen geschwächt, chronische Infektionen können reaktiviert werden
- Prognose ist von Komplikationen abhängig (bei Infektion im Erwachsenenalter deutlich häufiger!)
Die Impfung gegen Masern verläuft nach folgendem Schema:
- Lebendimpfstoff, aus lebenden, abgeschwächten Masernviren
- insgesamt 2 Impfungen nötig um eine Grundimmunisierung zu erzielen
- 1. Impfung zwischen dem 11. und 14. Lebensmonat
- 2. Impfung frühestens 4 Wochen nach der ersten (soll bis zum Ende des 2. Lebensjahres erfolgen)
- Kombinationsimpfung möglich (MMR oder MMRV)
- Verabreichung: i.m. (M. deltoideus oder bei kleineren Kindern M. vastus lateralis am Oberschenkel anterolateral), bei Gerinnungsstörungen subkutane Gabe möglich, intravasale Gabe muss vermieden werden!
Zusatzhinweise zur Impfung gegen Masern:
- Kontraindikationen für eine Impfung gegen Masern: Schwangerschaft (auf Kontrazeption für 3 Monate nach der Impfung achten)
- Immundefiziente Personen sollten nicht geimpft werden
- Kinder mit bekannter Epilepsie sollten geimpft werden
- Zeitabstand von mindestens 3 Monaten nach Bluttransfusion oder Gabe von Immunglobulinen ist einzuhalten
- Kombination mit anderen Impfungen möglich nach STIKO
- Zeitabstand von mindestens 1 Monat zu anderen Lebendimpfungen ist einzuhalten
- Impfempfehlung auch für alle nach 1970 geborenen Erwachsenen mit unklarem Impfstatus, ohne Impfung oder mit nur einer Impfung in der Kindheit, insbesondere wenn sie im Gesundheitsdienst, in der Betreuung von Immundefizienten oder in Gemeinschaftseinrichtungen arbeiten
Beachte: Neben der Aktivimpfung gegen Masern gibt es auch eine Passivimpfung:
- Diese wird nach Exposition gegenüber Masernviren durchgeführt
- Meist kann die Passivimpfung den Ausbruch der Krankheit nicht mehr verhindern
- Nach der Passivimpfung ist ein Abstand von etwa 5-6 Monaten bis zur nächsten Lebendimpfung einzuhalten
- innerhalb der ersten 3 Tage nach Exposition kann auch eine Aktivimpfung durchgeführt werden (Erfolg ungewiss)
Die Gesundheitspolitik in Deutschland strebt die Eliminierung der Masern an:
- Dies kann erreicht werden, wenn eine Impfquote gegen Masern von >95 % erreicht wird
- Realistisch ist das Erreichen dieses Ziels wenn eine zweimalige Impfung im Kindesalter durchgeführt wird und dadurch hohe Impfquoten entstehen (z.B. in skandinavischen Ländern, den Niederlanden und den USA).
Masern Literaturquellen zu:
Masern
Literaturquellen
Masern
- (2008) Herold G - Innere Medizin - Herold
- (2003) Hahn J M - Checkliste Innere Medizin - Thieme
- (2005) Braun-Falco O, Plewig G, Wolff HH, Burgdorf WHC, Landthaler M - Dermatologie und Venerologie - Springer, Heidelberg
- (2007) Petres J, Rompel R - Operative Dermatologie, Lehrbuch und Atlas - Springer
- (2009) Rassner G - Dermatologie, Lehrbuch und Atlas - Urban & Fischer Verlag, Elsevier
- (2009) Fritsch P - Dermatologie und Venerologie für das Studium - Springer
- (2007) Altmeyer P - Dermatologische Differenzialdiagnose, Der Weg zur klinischen Diagnose - Springer
- (2003) Jung E, Moll I - Dermatologie - Thieme, Duale Reihe
- (2009) Illing S, Claßen M - Klinikleitfaden Pädiatrie - Urban & Fischer, Elsevier
- (2007) Sitzmann F C - Pädiatrie - Thieme
- (2010) RKI - Empfehlungen der STIKO - Ständige Impfkomission (STIKO)
- (2006) AWMF-Leitlinie - Infektionsprävention unter der Entbindung - Arbeitskreis "Krankenhaus- & Praxishygiene" der AWMF
- (1997) Asher DM, Gibbs CJ - Chronic Neurological Diseases Caused by Slow Infections - Viral Infections of Humans: Epidemiology and Control
- (1997) MMWR - Measles eradication: recommendations from a meeting cosponsored by the World Health Organization, the Pan American Health Organization, and CDC. MMWR Recomm Rep.
- (2001) MMWR - Progress towards interrupting indigenous measles transmission – Region of the Americas, January – November, 2001
- (2006) AWMF-Leitlinie - Nicht-eitrige Infektionen von Gehirn und Rückenmark - Gesellschaft für Neuropädiatrie (GNP)
- (2009) Cherry, JD - Measles virus - Textbook of Pediatric Infectious Diseases
- (1998) Bernstein DI, Schiff GM - Measles - Infectious Diseases
Masern
Assoziierte Krankheitsbilder zu Masern
- Akute Epiglottitis
- Aviäre Influenza
- Haemophilus influenzae-lnfektion
- Influenza
- Influenza A - H1N1
- Medikamentöse Osteoporose
- 3-Tage-Fieber
- Medikamentös induzierte Diabetesformen
- Parainfluenza
- Akute Bronchitis
- Akute Laryngitis
- Akute Rhinopharyngitis
- Akute Sinusitis
- Akute Urtikaria
- Allergische Reaktion
- Appendizitis
- Atopische Dermatitis
- Bakterielle Konjunktivitis
- Chronische Urtikaria
- Eczema herpeticatum
- Erythema exsudativum multiforme
- Exanthema subitum
- Herpes simplex
- Infektiöse Mononukleose
- Insektengiftallergie
- Kawasaki-Syndrom
- Mykotische Vulvovaginitis
- Purpura Schoenlein-Henoch
- Ringelröteln
- Ringelröteln
- Röteln
- Scharlach
- Seborrhoisches Säuglingsekzem
- Tracheitis
- Varizella-Zoster-Virus
- Varizellen
- Virale Konjunktivitis
- Windeldermatitis
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