Kraniopharyngeome
Synonyme: Erdheim-Tumor, Schminke-Tumor, Rathke-Taschen-Tumor
Definition
Kraniopharyngeome
Das Kraniopharyngeom ist eine dysontogenetische Mittellinienfehlbildung mit raumforderndem Charakter mit Ursprung im Rachendach.
Reste des Hypophysengangs (Rathke-Tasche) bilden den Ursprung des Kraniopharyngeoms.
Kraniopharyngeome
Ätiologie
Kraniopharyngeome
Die Ätiologie von Kraniopharyngeom ist unbekannt. Vermutet wird:
- Embryogenetische Theorie → Ektoblastische Zellen sind Vorläuferzellen
- Metaplastische Theorie → Plattenepithelium aus dem Stomodeum untergeht Metaplasie
- Assoziation mit Epstein-Barr-Virus
Pathologie:
- WHO Grad I
- histologisch: benigne oder semimaligne, wachsen destruierend und lokal verdrängend, typische zystische Strukturen mit Mikroverkalkungen
- haben eine feste Kapsel, sind meist mehrfach gekammert
- die Zysten sind mit cholesterinhaltiger Flüssigkeit gefüllt
Lokalisation:
- liegt entweder intrasellär oder suprasellär, selten sanduhrförmig innerhalb und über der Sella
- Laterale Ausbreitung
- Selten: spinal, extradural, extrakranial (nasopharyngeal)
Kraniopharyngeome Epidemiologie zu:
Kraniopharyngeome
Epidemiologie
Kraniopharyngeome
Epidemiologische Daten zum Kraniopharyngeom: [4]
- Inzidenz: 0,5-2 Fälle/1.000.000 pro Jahr:
- Prädispositionsalter: 5. - 10. Lebensjahr und 50. - 60. Lebensjahr
- 30-50% der Fälle bei Kindern und Jugendlichen
- häufigste supratentorielle Tumor dieser Altersgruppe
- Jungen etwa 1,5 mal häufiger betroffen
Kraniopharyngeome Differentialdiagnosen zu:
Kraniopharyngeome
Differentialdiagnosen
Kraniopharyngeome
- Arteriovenöse Malformationen
- Multiple Sklerose
- Meningeome
- Wirbelsäulenmetastasen
- Intrakranielle maligne Lymphome
- Hypophysentumoren
- Astrozytom
- Septische Thrombose des Sinus cavernosus
- Migraine cervicale
Kraniopharyngeome Anamnese zu:
Kraniopharyngeome
Anamnese
Kraniopharyngeome
Für die Anamnese beim Verdacht auf Kraniopharyngeom sind folgende Informationen von Bedeutung: [1,3]
- kontinuierliche Kopfschmerzen?
- Sehstörungen?
- Wachstumsstörungen?
- Polyurie?
- Polydipsie?
- Impotenz?
- Aussetzen der Regelblutung?
- Hypothyreotische Symptome? ( Gewichtszunahme, Müdigkeit, Kälte Intoleranz, Obstipation)
- Symptome der Nebenniereninsuffizienz? (orthostatische Hypotension, Hypoglykämie, Hyperkalemie, Arrythmien, Lethargie, Anorexie, Übelkeit, Erbrechen)
Kraniopharyngeome Diagnostik zu:
Kraniopharyngeome
Diagnostik
Kraniopharyngeome
Zu den diagnostischen Maßnahmen beim Verdacht auf Kraniopharyngeom gehören: [2,3]
Neurologische Untersuchung:
- Visusprüfung (Bei Kompression des Chiasma kommt es häufig zur bitemporalen Hemianopsie)
- Perimetrie
- Fundoskopie (Stauungspapille)
Körperliche Untersuchung:
- Hypothyreose: Ödem, Hypoventilation, ↓ Herzminutenvolumen, Pleuraerguss, Perikardialerguss, Psychische Veränderungen, Obstipation
- Nebenniereninsuffizienz: Anorexie, Übelkeit, Erbrechen, orthostatische Hypotension, Lethargie, Stress-Intoleranz
- Aldosteron Insuffizienz: Hypovolämie, ↓ Herzminutenvolumen, Gewichtsverlust, Müdigkeit, Hyperkaliämie, Azotämie
endokrinologische Laboruntersuchungen
- Blutbild aller hypophysealen Hormone
cCT:
- heterogen solid-zystische Bereiche, zeigt hyper-und hypodense Bereiche, entsprechend den verkalkten und zystischen Tumoranteilen, die soliden Tumoranteile nehmen häufig Kontrastmittel auf
oder cMRT:
- Darstellung der Nachbarschaftsbeziehungen, Infiltration des Sinus cavernosus? Methode der Wahl bei Kindern
Kraniopharyngeome Klinik zu:
Kraniopharyngeome
Klinik
Kraniopharyngeome
Die klinischen Symptome beim Kraniopharyngeom äußern sich durch: [3]
- frontotemporale Kopfschmerzen
- Übelkeit, morgendliches Nüchternerbrechen
- Gesichtsfeldausfälle: unregelmäßig geformte Skotome oder Quadrantenanopsie, bitemporale Hemianopsie
- Hypophysenvorderlappeninsuffizienz: Gedeihstörung, M. Addison, Amenorrhoe, sekundäre Hypothyreose, Hypogonadismus
- Hypothalamuskompression: Babinski-Fröhlich-Syndrom: Adipositas, Hypogonadismus, Minderwuchs
- Verschschlusshydrocephalus bei Kompression des Foramen Monroi: vergrößerter Schädel mit klaffenden Schädelnähten
- Kinder klagen frühzeitig über Kopfschmerzen und Erbrechen, sie sind im Wachstum zurückgeblieben und oft zu dick
- verzögerte Körperentwicklung zeigt die Hypophysenvorderlappeninsuffizienz an
- während und nach der Pubertät stehen hypothalamische Störungen, vor allem der Diabetes insipidus im Vordergrund
- Endstadium mit Hirndruck, spastischer Tetraplegie und anderen Zeichen der Enthirnungsstarre tritt dank der frühzeitigen Diagnose mit bildgebenden Verfahren meist nicht mehr auf
Kraniopharyngeome Therapie zu:
Kraniopharyngeome
Therapie
Kraniopharyngeome
Die therapeutischen Möglichkeiten bei Kraniopharyngeomen umfassen folgendes:
- Behandlung der Wahl ist die Operation und Zystenentleerung [5]
- vollständige Resektion oft nicht möglich → Bestrahlung, um die Überlebenszeit zu verlängern
- rezidivierende, zystische Prozesse können stereotaktisch entleert oder lokal, auch interstitiell bestrahlt werden [6]
Des weiteren:
- Hormonsubstitution ist bei Hypophyseninsuffizienz erforderlich ( L-Thyroxin (Schilddrüsenunterfunktion), oder das Nebennierenhormon (Hydrocortison), beim Diabetes insipidus das synthetische Hormon Minirin)
- medikamentöse Behandlung existiert nicht, Pilotstudien mit einer Interferon-Alpha-Behandlung zeigen eine hohe Nebenwirkungsrate und ein geringes Ansprechen [7]
Kraniopharyngeome Komplikationen zu:
Kraniopharyngeome
Komplikationen
Kraniopharyngeome
Zu den möglichen Komplikationen von Kraniopharyngeom gehören:
- endokrine Störungen
- Visusverschlechterung
- Gewichtszunahme
- Gesichtsfeldausfälle
- Rezidiv
- emotionale und kognitive Veränderungen
- hypothalamische Essstörung
Kraniopharyngeome Zusatzhinweise zu:
Kraniopharyngeome
Zusatzhinweise
Kraniopharyngeome
Die Besonderheiten von Kraniopharyngeom:
- keine Metastasierung
- Wachstumsgeschwindigkeit gering
- gute Prognose bei Totalexstirpation: 5-JÜR bei Kindern 90 - 95%
Kraniopharyngeome Literaturquellen zu:
Kraniopharyngeome
Literaturquellen
Kraniopharyngeome
- (2007) Berlit P - Basiswissen Neurologie - Springer
- (2007) Masuhr K.F.,Neumann M - Neurologie,6. Aufl. - Thieme Verlag, Duale Reihe
- (2005) Meuric S, Brauner R, Trivin C, et al. Influence of tumor location on the presentation and evolution of craniopharyngiomas. J Neurosurg. Nov ;103(5 Suppl):421-6.
- (1998) Bunin GR, Surawicz TS, Witman PA, et al. The descriptive epidemiology of craniopharyngioma. J Neurosurg. Oct ;89(4):547-51.
- (1992) Hoffman HJ, De Silva M, Humphreys RP, et al. Aggressive surgical management of craniopharyngiomas in children. J Neurosurg. Jan ;76(1):47-52.
- (2008) Derrey S, Blond S, Reyns N, Touzet G, Carpentier P, Gauthier H, et al. Management of cystic craniopharyngiomas with stereotactic endocavitary irradiation using colloidal 186Re: a retrospective study of 48 consecutive patients. Neurosurgery. Dec ;63(6):1045-52; discussion 1052-3.
- (2007) Ierardi DF, Fernandes MJ, Silva IR, Thomazini-Gouveia J, Silva NS, Dastoli P, et al. Apoptosis in alpha interferon (IFN-alpha) intratumoral chemotherapy for cystic craniopharyngiomas. Childs Nerv Syst. Sep ;23(9):1041-6.
Kraniopharyngeome
Assoziierte Krankheitsbilder zu Kraniopharyngeome
- Chorionkarzinom
- Dottersacktumor des ZNS
- Embryonales Karzinom des ZNS
- Germinom
- Hypophysentumoren
- Intrakranielle Lipome
- Intrakranielle maligne Lymphome
- Kolloidzyste des III. Ventrikels
- Pineoblastom
- Plexuskarzinome
- Teratom des ZNS
- Akustikusneurinom
- Medulloblastome
- Pinealom
- Plexuspapillome
- Solide Metastasen
- ...gesamte Liste anzeigen
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Weiterführende Links
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