Kongenitale Hypo- und Aplasie der Tibia
Synonyme: Fehlbildungen der Tibia, Tibiahypoplasie, partielle oder totale Aplasie, präaxiale longitudinale Dysplasie, tibiale Dysmelie
Definition
Kongenitale Hypo- und Aplasie der Tibia
Informationen zu einer kongenitalen Hypo- und Aplasie der Tibia:
- bei tibialen Reduktionsfehlbildungen sind am Unterschenkel 3 verschiedene Formen zu unterscheiden
- 1. Tibiafehlbildungen bei Thalidomidembryopathie
- 2. Tibiafehlbildungen mit Oligodaktylie am Fuß
- 3. Tibiafehlbildungen mit Polydaktylie
Kongenitale Hypo- und Aplasie der Tibia
Ätiologie
Kongenitale Hypo- und Aplasie der Tibia
Mögliche Ursachen einer kongenitalen Hypo- und Aplasie der Tibia sind:
- als Ursache der Thalidomidembryopathie wird eine exogene Noxe angegeben, die während der sensiblen Phase der Bein- und Fußdifferenzierung zu Schäden am Keim führt
- die Crurischisis wird als sporadische Fehlanlage beobachtet, sie kann aber auch vererbt sein
- diese Formen können ein- und doppelseitig auftreten
- bei doppelseitiger Ausprägung ist der Schweregrad rechts und links nicht immer einheitlich
- die Tibiaaplasie in Verbindung mit Polydaktylien ist offensichtlich wie bei Polydaktylien häufiger vererbt
Kongenitale Hypo- und Aplasie der Tibia Epidemiologie zu:
Kongenitale Hypo- und Aplasie der Tibia
Epidemiologie
Kongenitale Hypo- und Aplasie der Tibia
Alle Formen einer kongenitalen Hypo- und Aplasie der Tibia sind sehr selten und werden nur sporadisch beobachtet.
Eine Häufung der Fehlanlagen wurde lediglich während der Thalidomidkatastrophe in den Jahren 1959-1962 beobachtet.
Kongenitale Hypo- und Aplasie der Tibia Differentialdiagnosen zu:
Kongenitale Hypo- und Aplasie der Tibia
Differentialdiagnosen
Kongenitale Hypo- und Aplasie der Tibia
Kongenitale Hypo- und Aplasie der Tibia Anamnese zu:
Kongenitale Hypo- und Aplasie der Tibia
Anamnese
Kongenitale Hypo- und Aplasie der Tibia
Folgende Informationen sind bei einer kongenitalen Hypo- und Aplasie der Tibia zu erheben:
- Inspektion
- Palpation
- Funktionsüberprüfung
- Welche Form der Fehlbildung?
- Verkürzung des Unterschenkels mit Fußdeformität?
- Röntgenuntersuchung
- Instabilität?
Kongenitale Hypo- und Aplasie der Tibia Diagnostik zu:
Kongenitale Hypo- und Aplasie der Tibia
Diagnostik
Kongenitale Hypo- und Aplasie der Tibia
Zur diagnostischen Abklärung einer kongenitalen Hypo- und Aplasie der Tibia sind relevant:
- charakt. ist im klinischen Bild die Verkürzung des Unterschenkels mit einer Fußdeformität, die an einen Klumpfuß erinnert
- röntgenologisch Verkürzung der Tibia, bei der häufig die distale Epiphyse fehlt
- der proximal verbliebene Tibiateil ist hypoplastisch, keine auffällige Valgität im Kniegelenk
- bei totalem Fehlen des Schienbeines Instabilität des Unterschenkels im Kniegelenk
bei Typ I:
- besteht eine Luxation des Fibulaköpfchens nach proximal
- das Fibulaköpfchen ist oberhalb und neben dem lateralen Femur zu tasten
- die Fibula ist nach hinten verkrümmt
bei Typ II:
- Fibula meist gerade
- das Fibulaköpfchen steht distal des lateralen Femurkondylus
- das distale Tibiaende steckt in einem eigenen Hautsack
bei Typ III:
- hier ist die Fibula nach hinten gekrümmt
- das Fibulaköpfchen leicht nach proximal verlagert
- charakt. sind 6 oder mehr Zehen (präaxiale Polydaktylie)
Kongenitale Hypo- und Aplasie der Tibia Klinik zu:
Kongenitale Hypo- und Aplasie der Tibia
Klinik
Kongenitale Hypo- und Aplasie der Tibia
Folgende Symptome sind bei einer kongenitalen Hypo- und Aplasie der Tibia möglich:
Tibiafehlbildungen bei Thalidomidembryopathie:
- fehlt idR der distale Teil der Tibia
- die Fibula ist verkürzt, nach dorsal verbogen
- das Fibulaköpfchen nach proximal luxiert
- der Fuß ist überwiegend 5-strahlig angelegt und nach medial abgekippt
- die Fußform und -stellung erinnert an einen angeborenen Klumpfuß
Tibiafehlbildungen mit Oligodaktylie am Fuß:
- der Großzehenstrahl kann hypoplastisch sein oder ganz fehlen
- die Oligodaktylie ist mit schweren Fußdeformitäten verbunden und kann bis zu einem monodaktylären Fuß führen
- Tibia und Fibula sind distal auseinandergespreizt
- der Tibiarest kann in einem eigenen Hautmantel liegen als Ausdruck einer Spaltbildung des Unterschenkels
- der Fuß liegt zwischen Tibia und Fibula, weil ein oberes Sprunggelenk nicht angelegt ist, oder der Fuß weicht bei partieller Aplasie der Tibia zur tibialen Seite ab
- die distale Fibula ist dann tiefster Punkt an diesem Bein
- bei der schweren Fußdeformität kommt es zu einem erheblichen Pes adductus
Tibiafehlbildungen mit Polydaktylie:
- offensichtlich handelt es sich hier um eine eigenständige Fehlanlage am Unterschenkel, bei der das Wadenbeinköpfchen wie bei der Spaltbildung am Unterschenkel nicht luxiert, das Kniegelenk stabil ist, sofern ein Tibiarest vorhanden ist
Kongenitale Hypo- und Aplasie der Tibia Therapie zu:
Kongenitale Hypo- und Aplasie der Tibia
Therapie
Kongenitale Hypo- und Aplasie der Tibia
Die therapeutischen Maßnahmen einer kongenitalen Hypo- und Aplasie der Tibia umfassen:
- die Behandlung soll eine stabile Verbindung zwischen Femur und Fuß herstellen, die Fußdeformität korrigieren und damit die orthopädietechnische Versorgung erleichtern
- es ist eine sog. "Fußunterstellung" durrchzuführen
- dabei wird die distale Fibulaepiphyse in den Talus oder kalkaneus implantiert, um so einen plantigraden Auftritt des Rückfußes zu gewährleisten
- gleichzeitig muss die Achillessehne verlängert werden, evtl. Verkürzung der Peronealsehnen
- bei partieller Aplasie der Tibia oder bei einer Unterschenkeldiastase ist außerdem proximal eine Fusion zwischen Tibiarest und der distalen Fibula vorzunehmen, um so eine stabile Verbindung zwischen Femur und Fuß zu erreichen
- beide Maßnahmen können ca. im 2. Lj. vorgenommen werden, damit das Kind mit apparativer Versorgung etwa zeitgerecht Laufen lernen kann
- in der weiteren Entwicklung während der Wachstumsphase sind regelmäßige Kontrollen notwendig
- eine apparative Versorgung kann eine Fehlwuchs nicht verhindern
- die zunehmende Beinlängendifferenz ist apparativ auszugleichen
- eine Verlängerung des Unterschenkels ist dann möglich und sinnvoll, wenn dadurch auf eine größere apparative Versorgung verzichtet werden kann
- bei totalem Fehlen des Schienbeines ist es möglich, das Fibulaköpfchen in die Fossa intercondylaris zu implantieren, so dass bei funktionstüchtigem Oberschenkelstrecker mit apparativer Führung des Kniegelenkes auch eine gewisse Beweglichkeit im Gelenk erhalten bleibt
Kongenitale Hypo- und Aplasie der Tibia Komplikationen zu:
Kongenitale Hypo- und Aplasie der Tibia
Komplikationen
Kongenitale Hypo- und Aplasie der Tibia
Als Komplikation einer kongenitalen Hypo- und Aplasie der Tibia bei der Fußunterstellung kann eine Schädigung der distalen Fibulaepiphyse auftreten.
Ein daraus resultierender Fehlwuchs, aber auch eine ausbleibende stabile Verbindung zwischen Fibula und Fuß, eine Pseudarthrose an der Fusionsstelle von Tibia und Fibula sind möglich.
Kongenitale Hypo- und Aplasie der Tibia Zusatzhinweise zu:
Kongenitale Hypo- und Aplasie der Tibia
Zusatzhinweise
Kongenitale Hypo- und Aplasie der Tibia
Es liegen zur Zeit keine Zusatzinformationen zu einer kongenitalen Hypo- und Aplasie der Tibia vor.
Kongenitale Hypo- und Aplasie der Tibia Literaturquellen zu:
Kongenitale Hypo- und Aplasie der Tibia
Literaturquellen
Kongenitale Hypo- und Aplasie der Tibia
- C.-J. Wirth - Orthopädie und orthopädische Chirurgie - Thieme Verlag
- F.U. Niethard, J. Pfeil - Orthopädie - Duale Reihe - Thieme Verlag
- (2009) Niethard F, Pfeil J - Orthopädie und Unfallchirurgie - Thieme
- (2010) Wülker Nikolaus - Taschenlehrbuch Orthopädie und Unfallchirurgie - Thieme
- (2005) Rössler H, Rüther Wolfgang - Orthopädie und Unfallchirurgie - Urban & Fischer, Elsevier
- (1998) Krämer J, Grifka J, Hedtmann A, Krämer R - Orthopädie - Springer
- (1996) Zippel H - Orthopädie systematisch - Uni Med. Verlag AG
- (1989) Weber U., Zilch H - Orthopädie mit Repetitorium - Gruyter
Kongenitale Hypo- und Aplasie der Tibia
Assoziierte Krankheitsbilder zu Kongenitale Hypo- und Aplasie der Tibia
- Dysostosis craniofacialis
- Klumpfuß
- Kraniosynostose
- Oxyzephalus
- Pfeiffer-Syndrom
- Plagiozephalus
- Poliomyelitis
- Rachitis
- Saethre-Chotzen-Syndrom
- Sichelfuß
- Skaphozephalus
- Tibia vara
- Trigonozephalus
- Crus varum congenitum
- Infantile Zerebralparesen
Am häufigsten aufgerufene Krankheitsbilder in Orthopädie
Weiterführende Links
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