Beckenendlage
Synonyme: BEL, Lageanomalie bei Geburt, Steisslage
Definition
Beckenendlage
Die Beckenendlage (BEL):
- ist eine Lageanomalie und gehört zu den fetalen Ursachen einer regelwidrigen Geburtsdauer
- kommt in ca. 3-5% der ausgetragenen Schwangerschaften vor [2]
- vorausgehendes Körperteil bei Geburt: kindliches Becken
- stellt ein Schwangerschafts- und Geburtsrisiko dar [1]
- Vorkommen bei Frühgeburten ca. 15% [2]
- Muß nicht zwingend durch Sectio caesarea („Kaiserschnitt“) entbunden werden
Beckenendlage
Ätiologie
Beckenendlage
Ursachen für eine Beckenendlage können sein [2]:
- Frühgeburt; bis zur ca. 30.Woche kann der Fetus noch mehrfach seine Lage im Uterus verändern; der Kopf nimmt erst am Ende der Schwangerschaft Beziehung zum mütterlichen Becken auf
- Mehrlingsschwangerschaft; aus Platzmangel kann keine normale Geburtseinstellung erfolgen
- Verengtes Becken; eine normale Geburtseinstellung ist schwer möglich
- Polyhydramnion
- Hydrozephalus
- Anenzephalus
- Placenta praevia
- Vielgebärende (schlaffer Uterus)
- Uterusfehlbildungen
- Uterusmyome
Beckenendlage Epidemiologie zu:
Beckenendlage
Epidemiologie
Beckenendlage
Eine Beckenendlage [1][2]
- Kommt bei ca. 3-5% aller ausgetragenen Schwangerschaften vor
- Kommt bei Frühgeburten in ca. 15% der Fälle vor
- Reine Steißlage: ca. 70%
- Steiß- Fußlage: ca. 20% ; erhöhte Gefahr von Nabelschnur- und/oder Extremitätenvorfällen
- Knielage: ca. 1%
- Reine Fußlage: ca. 10%
- Kann vaginal entbunden werden
Beckenendlage Differentialdiagnosen zu:
Beckenendlage
Differentialdiagnosen
Beckenendlage
Beckenendlage Anamnese zu:
Beckenendlage
Anamnese
Beckenendlage
Spezielle Anamnese bei Beckenendlage
- Welche Schwangerschaftswoche (SSW)?
- Wie verlief die bisherige Schwangerschaft?
- Welche Komplikationen gab es?
- Gibt es bekannte Vorerkrankungen, die erst während der Schwangerschaft entstanden sind (z.B. Hypertonus, Diabetes)?
- Ist dies die erste Schwangerschaft?
- Gab es Komplikationen in vorhergehenden Schwangerschaften?
- Welche waren das?
- Wie verliefen evtl. vorangehende Geburten?
- In welcher Schwangerschaftswoche wurde bei vorherigen Geburten entbunden?
- Mußte ein „Kaiserschnitt“ (Sectio caesarea) durchgeführt werden?
- War dieser geplant oder musste er notfallmäßig durchgeführt werden?
- Gab es hinterher Komplikationen bei Mutter oder Kind?
- Gab es irgendwelche Komplikationen bei der Narkose /Betäubung?
- Wann und von wem wurde die aktuelle Einschätzung zur Beckenendlage gestellt (Mutterpaß!)?
- Wurde die Beckenendlage per Ultraschall festgestellt (Mutterpaß)?
Beckenendlage Diagnostik zu:
Beckenendlage
Diagnostik
Beckenendlage
Diagnostik einer Beckenendlage
Klinisch [1][2]
- Durch erfahrenen Untersucher, z.B. Arzt oder Hebamme
Leopoldsche Handgriffe (1894)
- Sensitivität 88% [4]
- Spezifität 94% [4]
- 1. Leopold Handgriff: Fundusstand, Poleinstellung im 2. und 3. Trimenon
- 2. Leopold Handgriff: Stellung der Rückens und kleiner Teile
- 3. Leopold Handgriff: Poleinstellung, wenn vorangehender Teil noch nicht ins Becken eingetreten; Ballotement (Kopf pendelt hin und her) [2]
- 4. Leopold Handgriff: Art und Höhenstand des vorangehenden Teiles, wenn Kopf im Becken
Zangenmeister Handgriff
- Auch als 5. Leopold Handgriff bezeichnet
- Missverhältnis mütterliches Becken zu kindlichem Kopf
Sonographisch [1] (Goldstandard [3])
- Absicherung nach körperlicher Untersuchung
- Beurteilung der Größe und Proportionen des Feten
- Indikationsstellung zur Sectio caesarea
Allgemeine körperliche Untersuchung
Inspektion
- Hautkolorit? z.B. Gelbfärbung bei V.a. Ikterus
- Zunge? evtl. belegt?
- Facies abdominalis (eingefallenes Gesicht, schmale, spitze Nase, periorale Blässe)?
- Cullen- Zeichen (periumbilikale Blaufärbung z.B. bei abdomineller Blutung)?
- Allgemeine Betrachtung des Patienten; Dyspnoe oder ähnliches?
Palpation
- Abwehrspannung?
- Bretthartes Abdomen? z.B. bei Magen- oder Duodenalperforation
- Bruchpforten?
- Typische Schmerzpunkte wie z. B. Lanz- oder McBurney- Punkte bei V.a. Appendizitis?
- Aszites?
- Loslasschmerz als Zeichen peritonealer Reizung?
Perkussion
- Intraabdominelle Flüssigkeit?
- Meteorismus (Luft- Gasansammlung im Darm) ?
Auskultation
- der Darmgeräusche; sind überhaupt welche vorhanden?
- Hypoperistaltik: meist akute Prozesse, nur vereinzelt Darmgeräusche, komplette Darmparalyse: „Totenstille“
- Hyperperistaltik: manchmal sind ohne Stethoskop schon Darmgeräusche hörbar
- der Lungen
- der Gefäße, auf Strömungsgeräusche achten
- des Herzens
- der kindlichen Herztöne zur Lagebestimmung
Rektal- digitale Untersuchung
Dabei ist auf Folgendes zu achten:
- Hämorrhoiden, Marisken , Analkarzinome?(Auch diese können rektale Blutungen und Schmerzen verursachen)
- Druckschmerz?
- Blut am Fingerling?
- Stuhl am Fingerling? (evtl. entfärbt bei Lebererkrankungen)
- Resistenzen?
Puls- und Blutdruckmessung
- auf dem Armumfang ensprechend passende Blutdruckmanschette achten, da sonst falsche Werte gemessen werden können
Temperaturmessung
- wenn möglich rektal
CTG
- Feststellung der Wehentätigkeit
Beckenendlage Klinik zu:
Beckenendlage
Klinik
Beckenendlage
Bei Beckenendlage kann man nicht von Klinischen Symptomen im eigentlichen Sinne sprechen. Die Diagnose bedeutet nur, daß das Becken den vorangenhenden Teil des Kindes zur Geburt darstellt.
Eine Verschlechterung des Allgemeinzustandes der Patientinnen durch die Tatsache einer Beckenendlage wurde nicht beschrieben.
Eine psychische Belastung durch die Situation und Ängste vor evtl. Geburtsrisiko kann jedoch nicht ausgeschlossen werden.
Beckenendlage Therapie zu:
Beckenendlage
Therapie
Beckenendlage
Auch bei Beckenendlage kann eine vaginale Geburt angestrebt werden. Die Risiken sind nach den folgenden Gesichtspunkten abzuwägen. Evtl. können auch alternative Heilmethoden (s.u.) eingesetzt werden. Der Einsatz erfahrener Geburtshelfer wird dringend empfohlen!
Vaginale Geburt bei Beckenendlage [1]
- Ausführliche Beratung und Aufklärung der Schwangeren über Geburt und Risiken, sowie Ablauf und Risiken für Mutter und Kind bei sekundärer Sectio caesarea
- Kann wie Entbindung aus Schädellage betreut werden
- CTG- Registrierung
- Ultraschall
- Evtl. Fetalblutuntersuchung
- Katheter- Peridualanästhesie empfohlen
- Entbindung durch Manualhilfe nach Bracht, Kristeller Handgriff, Armlösung unterstützen [2]
Kontraindikation vaginale Geburt [1]
- Wachstumsretardierung des Fetus
- Schätzgewicht des Kindes > 3800g
- Dysproportion mütterliches Becken zu Kopfumfang Kind
- Reine Fußlage
- Beckenanomalien der Mutter
Primäre Sectio caesarea
- Trägt etwa die selben Risiken wie vaginale Entbindung [1]
- Beckenendlage unmittelbar vor Eingriff nochmals prüfen [2]
Sekundäre Sectio caesarea
- Ist meist ein Notfall nach mißlungenem vaginalem Entbindungsversuch oder Versuch der Äußeren Wendung
- Risiken für Mutter und Kind erhöht
Äußere Wendung [1]
- Durch erfahrenen Geburtshelfer
- Nur unter Sectiobereitschaft
- Ab der 36. Schwangerschaftswoche
- Keine Anästhesie
- CTG- Registrierung je nach klinischer Situation
- Sonographische Lagekontrolle!
- Schwangere mit neg. Rhesusfaktor: Anti- D- Prophylaxe
Kontraindikationen äußere Wendung [1][2]:
- vorzeitiger Blasensprung
- Wehen
- Uterusmissbildungen
- Schwere fetale Missbildungen
- Vaginale Blutung unklarer Genese
- Placenta praevia
Alternative Methoden zum Versuch einer Wendung des Fetus [2]:
- Moxibustion an klassischen Akupunkturpunkten über 7-10 Tage
- Zilgrei- Methode: spezielle Atemtechnik
- Indische Brücke
- Einweisung und Druchführung nur durch erfahrene Geburtshelfer /Hebamme /Arzt
- Es besteht bei allen das Risiko von z.B. vorzeitigen Wehen oder einer zu schnell ablaufenden Geburt!
Beckenendlage Komplikationen zu:
Beckenendlage
Komplikationen
Beckenendlage
Komplikationen bei vaginaler Geburt aus Beckenendlage
Mütterliche Risiken [2]:
- Infektionen durch intravaginale oder intrauterine Manipulatioenn
- Uterusruptur bei schwieriger Kopfentwicklung
- Zervixriss durch Kindesentwicklung
- Ausgedehnte Episiotomie (Dammschnitt) nötig
- Atonie des Uterus mit erhöhtem Blutverlust
Risiken für das Kind
- Werden sehr kontrovers diskutiert
- Bei hochspezialisierten Kliniken und Geburtshelfern sind auch die peri- und neonatale Morbidität und Mortalität geringer [1]
- Sauerstoffmangel [1]
- Geburtstrauma [1]
Komplikationen der äußeren Wendung
- Vorzeitige Plazentalösung
- Fetale Hypoxie durch intrauterine Druckerhöhung
Beckenendlage Zusatzhinweise zu:
Beckenendlage
Zusatzhinweise
Beckenendlage
Aktuell sind keine Zusatzinformationen zur Beckenendlage vorhanden.
Beckenendlage Literaturquellen zu:
Beckenendlage
Literaturquellen
Beckenendlage
- Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e.V., Board für Pränatal- und Geburtsmedizin, Arbeitsgemeinschaft Materno-fetale Medizin, Geburt bei Beckenendlage, AWMF 015/051, 06/2010
- Lageanomalien bei Beckenendlage, Hebammenschule am KSSG, Dr. P. Böhi, 2006
- Department of Obstetrics and Gynecology, University of North Carolina School of Medicine, Chapel Hill, Obstet. Gynecol. 1991;78(3Ptp1):394-6, Thorp JM Jr., Jenkins, Watson
- Accuary of Leopold maneuvers in secreening for malpresentation: a prospective study by Lydon- Rochelle, Albers, Gorwoda, Craig, Qualls, Birth. 1993; 20(3):132-5
Beckenendlage
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Weiterführende Links
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