Aviäre Influenza
Synonyme: Vogelgrippe, Influenza A/H5N1, Geflügelpest
Definition
Aviäre Influenza
Die aviäre Influenza ist
- Infektionserkrankung der Vögel durch Orthomyxoviridae der Gattung Influenza der Art A/H5N1,
- in den letzten Jahren durch vereinzelte Übertragungen auf den Mensch bekannt geworden (Zoonose).
Aviäre Influenza
Ätiologie
Aviäre Influenza
Die Ursachen der aviären Influenza sind:
- Influenzaviren, Typ Orthomyxoviridae Virus-Subtyp Influenza A/H5N1 (RNA - Virus)
- Übertragung durch Atemwege, kontaminierten Kot, Essen von infiziertem Fleisch
Aviäre Influenza Epidemiologie zu:
Aviäre Influenza
Epidemiologie
Aviäre Influenza
Seit 2003-2010 sind 501 Fälle der aviären Influenza beim Menschen weltweit bekannt geworden. 297 Fälle endeten letal.(WHO-Update, 22.Juli 2010)
- Betrifft Hühner, Puten, Wachteln, Gänse, Enten und wilde Wasservögel,
- seit 1991 epidemieartiger Typ A,
- hohe Mortalität,
- meist Subtyp A/H5N1 (besonders aggressiv und tödlich),
- Ausbreitung über Zugvögel,
- Übertragung von Mensch zu Mensch wahrscheinlich nicht möglich.
Aviäre Influenza Differentialdiagnosen zu:
Aviäre Influenza
Differentialdiagnosen
Aviäre Influenza
Aviäre Influenza Anamnese zu:
Aviäre Influenza
Anamnese
Aviäre Influenza
Bei der aviären Influenza sind folgende Informationen von Bedeutung:
Falldefinition Influenzavirus A/H5N1 ICD10: J09.- (Stand: 01.08. 2007):
Erkrankung mit Vorliegen aller drei folgenden Kriterien
oder
Epidemiologische Exposition, definiert als mindestens eine der drei folgenden Expositionen innerhalb von 7 Tagen vor Erkrankungsbeginn:
A.) Kontakt mit Tieren, ihren Ausscheidungen oder aus ihnen hergestellten, rohen Produkten
Aufenthalt in einem Gebiet mit laborbestätigter HPAI A/H5N1 bei Tieren
- für außerdeutsche Länder, siehe: www.oie.int/eng/en_index.htm;
- für Deutschland: 10 km-Beobachtungsgebiete gemäß den Angaben des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI) (www.fli.bund.de)
UND DORT
- direkter Kontakt mit erkranktem oder totem Tier mit möglicher HPAI oder dessen Ausscheidungen? (gemäß den Angaben des Friedrich Loeffler-Instituts www.fli.bund.de) oder
- Aufenthalt auf einem Grundstück, auf dem innerhalb der vorausgegangenen 6 Wochen infiziertes oder infektionsverdächtiges Geflügel gehalten wurde? oder
- Verzehr von rohen oder nicht vollständig erhitzten Geflügelprodukten aus einem Gebiet, in dem Tiere mit bestätigter HPAI Infektion innerhalb des letzten Monats nachgewiesen wurden?
B.) Menschlicher Kontakt: direkter Kontakt mit einem menschlichen wahrscheinlichen oder bestätigten Fall oder seinen Sekreten?
C.) Laborexposition: Arbeit in einem Labor, in dem Proben auf Influenza A/H5 getestet werden?
Aviäre Influenza Diagnostik zu:
Aviäre Influenza
Diagnostik
Aviäre Influenza
Zur diagnostischen Abklärung der aviären Influenza sind relevant:
- Inspektion der Schleimhäute des Kopfes (lila Haut und zyanotische Schleimhaut)
- Temperaturmessung
- Blutdruck und Puls
Labordiagnostischer Nachweis laut RKI:
Positiver Befund für Influenzavirus A/H5N1 mit mindestens einer der drei folgenden Methoden:
direkter Erregernachweis:
- Virusisolierung und serologische Differenzierung oder molekulare Typisierung (z.B. Sequenzierung, PCR),
- Nukleinsäure-Nachweis (z.B. spezifische H5-PCR),
indirekter (serologischer) Nachweis:
- Antikörpernachweis im Mikroneutralisations- oder Plaqueneutralisationstest auf H5-spezifische Antikörper
Aviäre Influenza Klinik zu:
Aviäre Influenza
Klinik
Aviäre Influenza
Die aviäre Influenza kann ein oder mehrere der folgenden Symptome zeigen:
- klinische Symptome v.a. bei Hühnern, Puten, Wachteln
- Inkubationszeit: bis max 21 Tage (beim Menschen laut WHO 7 Tage)
Falldefinitionen des RKI
- Verdachtsfall: Erfülltes klinisches Bild und Vorliegen der epidemiologischen Exposition sowie fehlendem Nachweis einer anderen Ursache, die das Krankheitsbild vollständig erklärt,
- Wahrscheinlicher Fall: Person mit labordiagnostischem Nachweis von A/H5N1 ohne Bestätigung durch ein Referenzlabor
- Bestätigter Fall: Person mit labordiagnostischem Nachweis von A/H5N1, der durch ein Referenzlabor bestätigt wurde
- Ausschluss eines Falls von aviärer Influenza: ein Verdachtsfall gilt als ausgeschlossen, wenn (1) andere Ursache gefunden wurde, die die Symptomatik hinreichend erklärt; (2) ein spezifischer serologischer Test auf A/H5N1 durch ein Referenzlabor (NRZ) mindestens 2 Wochen nach der letzten Exposition ein negatives Ergebnis ergibt.
Strategische Lage
- sporadisches Auftreten
- epidemisches "saisongerechtes" Auftreten
- Bedingungen des Stufenkonzeptes des Pandemieplanes
Unbekannte Apparenz des vorliegenden Virustypes: 27% der sonstigen Influenza A- und B-Typen verlaufen in den ersten fünf Lebensjahren asymptomatisch.
Uneinheitliche Beschreibung des Anfangsbildes
- plötzliches Fieber > 39.0 Grad C mit Muskelschmerz und respiratorischen Symptomen
- Temperaturerhöhung > 37.5 Grad C mit respiratorischen Symptomen
- bei Kindern oft Durchfall
Unterscheidende Charakteristika
- mäßige Rhinitis, Pharyngitis
- schweres Fieber, Tracheobronchitis, (primäre) Pneumonie
Eigentümlichkeiten des klinischen Bildes jeder Influenza Erkrankung
- Photophobie
- Geräuschempfindlichkeit
- Schmerzschwerpunkt lumbosakral
- Nackenschmerz mit Pseudomeningismus
- allgemeine Berührungsempfindlichkeit
- livider Rachenring mit praller, hellroter Uvula
- Schüttelfrost vor Fieberanstieg
- Fiebermaxima bei 41 Grad C mit kontrastierender Bradykardie
- Kontinuafieber bis 3 (5) Tage
- kleinfleckiges Exanthem 1 (2) Tage
- Lidverkrustungen
- Gesichtsschwellung
- Wundgefühl in Rachen und Kehlkopf
- Lymphadenitis colli bei jungen Menschen
- postgrippale Asthenie
Aviäre Influenza Therapie zu:
Aviäre Influenza
Therapie
Aviäre Influenza
Die therapeutischen Möglichkeiten bei aviärer Influenza umfassen:
Allgemeine Maßnahmen
- Aktive Bettruhe
- Auch vor jeder Berührung des Kranken oder infizierter Gegenstände sollen die Hände mit einem guten Desinfektionsmittel behandelt werden (Amtliches Unterrichtsbuch 1930, S. 296)
- Schutzwert aufwendiger Hygieneartikel gegenüber der hygienischen Händedesinfektion nach einem Protokoll ist unklar
Impfung
- Influenza - Impfung hilft nicht gegen die Erkrankung, wohl aber gegen eventuelle Durchmischungen verschiedener Subtypen
Pharmakotherapie:
Supportativ
Cistus incanus 6 x 1-2 Tbl (400 mg Extrakt) enoral (zur Bindung von Influenzaviren)
Symptomatisch
- Fiebersenkung und Schmerztherapie:
Paracetamol bis zu 6 x 500 - 1000 mg/d nach Bedarf; < 10 g/d!
Ibuprofen - 4-6 x 400 mg/d p.o. oder 3 x 800 mg/d retardiert
Dexibuprofen - 2-3 x 300 mg p.o.
Diclofenac - 4 x 50 mg /d p.o.
Naproxen - 2-4 x 200 mg /d p.o.
- Antitussiva:
Pentoxyverin – 100-150 mg/d
Dextromethorphan – 22-88 mg/d
Noscapin – 75-150 mg/d
- evtl. Behandlung einer Pneumonie: antimikrobielle Chemotherapie (ambulant/Pflegeheim/stationär erworben)
- Myokarditis, symptomatische Behandlung und evtl. Therapie der Grunderkrankung, zweifelhafte Wirkung von Ribavirin (Ray 1989)
Kausal
therapeutisches Fenster 72 Stunden
- Oseltamivir 2 x 75 mg unter klinischer Beobachtung zur Bewertung von Behandlungskohorten und zur Ableitung von Empfehlungen
- Zanamivir 2 x Inhalation tgl. - v.a. bei Oseltamivir-resistenten Stämmen (keine Mitteilungen zu experimentellen Anwendungen unter klinischer Beobachtung)
- Postexpositionsprophylace: Oseltamivir - möglichst innerhalb von 24h 2 x 75 mg/d, dann 1 x 75 mg/d bis zum 8.Tag nach dem Kontakt
therapeutisches Fenster 48 Stunden
- Rimantadin 1 x 200 mg - Wirksamkeit 66% bei Influenza A (Dougla 1990)
- Amantatin 1 x 300 mg Nachweis des Populationsschutzes (Monto 1992) - Schnelle Resistenzentwicklung auch bei aviärer Influenza A (Douglas 1990) - Wirksamkeit 74% bei Influenza A
Postexpositionsprophylaxe für patientenbetreuendes Personal und andere Kontaktpersonen bei ungeschütztem engen Kontakt:
- möglichst innerhalb von 24 Std.
- Oseltamivir 1 x 75 mg/d für 7Tage
Aviäre Influenza Komplikationen zu:
Aviäre Influenza
Komplikationen
Aviäre Influenza
Bei der aviären Influenza kommen folgende Komplikationen vor:
- Gelegentlich: Nierenschwäche bis zu kompletten Nierenveragen
- tödliches Lungenversagen
- Multiorganversagen
- Tod
Reye Syndrom: wenn Kinder mit Salicylaten (ASS) behandelt werden (Kontraindikation)
- Fieber?
- plötzlicher Krankheitsbeginn?
- ausgeprägtes Krankheitsgefühl?
- Leberschädigung mit Enzephalitis
Aviäre Influenza Zusatzhinweise zu:
Aviäre Influenza
Zusatzhinweise
Aviäre Influenza
Die aviäre Influenza ist eine meldepflichtige Tierseuche.
Namentliche Meldung laut Aviäre- Influenza-Meldepflicht- Verordnung (AIMPV) vom 11.Mai 2007 bei:
- Krankheitsverdacht
- Erkrankung
- Tod eines Menschen
Vorgehen bei Verdacht auf aviäre Influenza:
- Isolation des Patienten bis zur Bestätigung der Diagnose
- Versorgung des Patienten mit einer OP-Maske der Qualität FFP 1
- gründliche Desinfektion von Flächen, Räumen und Gegenständen, mit denen der Patient in Kontakt gekommen ist (Desinfektionsmittel mit Indikation begrenzt viruzid!)
- Mitarbeiterschutz - OP-Maske und Schutzbrille (beides FFP 3-Qualität), Kittel, Handschuhe!; Händedesinfektion mit "begrenzt viruziden" Präparaten
- Postexpositionsprophylaxe von Personal und anderen Kontaktpersonen (bei engen ungeschützten Kontakt mit Patienten!)
WHO-Stufenplan:
http://www.who.int/csr/disease/influenza/pandemic/en/index.html
>WHO pandemic phase descriptions and main actions by phase [pdf 341kb]
Aviäre Influenza Literaturquellen zu:
Aviäre Influenza
Literaturquellen
Aviäre Influenza
- (2006) Groß - Medizinische Mikrobilogie und Infektiologie- Thieme Verlag
- (2009) RKI - Falldefinition Influenzaevirus A/H5N1 (Vogelgrippe, aviäre Influenza) http://www.rki.de/cln_178/nn_223876/DE/Content/InfAZ/I/Influenza/IPV/Falldefinition.html >
- (2003) Roche - Lexikon Medizin - Urban & Fischer Verlag
- (2006) Weylandt K, Klinggräff P - DD Innere Kurzlehrbuch der Inneren Medizin und differentialdiagnostisches Kompendium - Lehmanns Media
- (2009) MLP Innere Medizin - Duale Reihe - Thieme Verlag
- (2009) Herold G - Innere Medizin - Herold, Köln
- (2008) Renz-Polster H, Krautzig S - Basislehrbuch Innere Medizin - Urban & Fischer Verlag, Elsevier
- (2007) Piper W - Innere Medizin - Springer
- (22.Juli 2010) WHO- Update - Cumulative Number of Confirmed Human Cases of Avian Influenza A/(H5N1) Reported to WHO) www.who.int
- (2009) AWMF-Empfehlungen zur Krankenhaushygiene: Aviäre Influenza (http://www.uni-duesseldorf.de/WWW/AWMF/ll/029-039.htm) >
- (2009) WHO pandemic phase description and main actions by phase: http://www.who.int/csr/disease/influenza/GIPA3AideMemoire.pdf.
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