Atonische Nachblutung
Synonyme: Uterusatonie, uterine atony, atone Nachblutung
Definition
Atonische Nachblutung
Unter atonischer Nachblutung/ Uterusatonie versteht man die Kontraktionsschwäche des Uterus nach vollständiger Geburt der Plazenta.
Atonische Nachblutung
Ätiologie
Atonische Nachblutung
Hauptursachen der atonischen Nachblutung/ Uterusatonie[1]
- Protrahierte (verlängerte) Geburt
- Mehrlinge
- Traumatisierende operative Entbindung
- Mehrgebärende
- Uterusmyome
Mangelnde Kontraktion → mangelnde Blutstillung → atonische Nachblutung
Atonische Nachblutung Epidemiologie zu:
Atonische Nachblutung
Epidemiologie
Atonische Nachblutung
Erhebungen zur Atonischen Nachblutung/Uterusatonie [1;2]:
- Jährlich versterben ca. 140.000 Frauen (also ca. alle 4 Min. eine Frau) an postpartalen Blutungen und deren Komplikationen (das sind nur die registrierten Fälle!)
- Uterusatonie ist in 80% der Fälle Ursache für postpartale Blutungen [3]
- Uterusatonie tritt in 2-8% aller Geburten auf
Atonische Nachblutung Differentialdiagnosen zu:
Atonische Nachblutung
Differentialdiagnosen
Atonische Nachblutung
Atonische Nachblutung Anamnese zu:
Atonische Nachblutung
Anamnese
Atonische Nachblutung
Spezielle Anamnese bei Atonischer Nachblutung/ Uterusatonie:
- Ist dies die erste Schwangerschaft gewesen?
- War die aktuelle Geburt die erste?
- Wann war der Geburtsbeginn (regelmäßige schmerzhafte Wehen)?
- Wie lange dauerte die Geburt?
- Wie viele, evtl. auch Fehlgeburten gab es vorher?
- Gab es Mehrlingsschwangerschaften?
- Traten während der Schwangerschaft irgendwelche Probleme auf?
- Wurde im zweiten Drittel der Schwangerschaft eine Ultraschalluntersuchung durchgeführt?
- Wurde bei diesem ein nicht der Norm entsprechender Sitz der Plazenta festgestellt?
- Wurden irgendwelche Veränderungen der Plazenta festgestellt?
- Wurde vom Untersucher empfohlen, in einem Perinatalzentrum zu entbinden?
- Gab es Voroperationen am Uterus (auch an Sectio denken!)?
- Gab es bei vorherigen Schwangerschaften unstillbare Blutungen oder Nachblutungen?
- Zu welchem Zeitpunkt der Schwangerschaft oder Geburt traten diese auf?
- Welche Maßnahmen wurden damals ergriffen (medikamentös oder operativ)?
- Bestehen bekannte Vorerkrankungen des Uterus wie z.B. Myome?
- Bestehen bekannte Gerinnungsstörungen (z.B. v. Willebrand- Jürgens- Syndrom, M. Werlhof, Einzelfaktorenmangel)?
- Bestand während der Schwangerschaft ein Bluthochdruck?
- Wenn ja, wie wurde er behandelt?
- Bestand bei Bluthochdruck je die Gefahr eines HELLP- Syndroms?
- Wie war der Gewichtsverlauf während der Schwangerschaft?
- Wie ist das aktuelle Gewicht?
- Wurde während der Schwangerschaft ein Diabetes festgestellt?
- Raucht die Patientin? Wie viel?
- Zu welchem Zeitpunkt traten die aktuellen Blutungen auf?
Atonische Nachblutung Diagnostik zu:
Atonische Nachblutung
Diagnostik
Atonische Nachblutung
Spezielle Diagnostik bei Atonischer Nachblutung/ Uterusatonie
1. Klinisch
- Blutverlust messen, in Tüchern abschätzen
- Uterus tasten
- Plazenta vollständig (DD)?
- Besteht ein Trauma der Geburtswege (DD) (evtl. Spiegeleinstellung)?
Befunde bei Uterusatonie: [1]
- Fundus uteri angestiegen
- Uterus weich und schlaff
- Häufig schwallartige Blutungen
2. Sonographisch
- Absicherung nach körperlicher Untersuchung
- Evtl. Feststellung von intrauteriner Flüssigkeitsansammlung
- Plazentareste (DD)?
- Freie Flüssigkeit im Bauchraum/ Douglasraum als Zeichen einer Uterusruptur (DD)?
Atonische Nachblutung Klinik zu:
Atonische Nachblutung
Klinik
Atonische Nachblutung
Klinik Atonische Nachblutung/ Uterusatonie [1]
- eine akute Blutung ist sichtbar
- Blutungen treten meist ohne Vorwarnung auf [4]
- evtl. Symptome des hämorrhagischen Schocks:
- Agitiertheit
- Bewußtseinstrübung
- Kaltschweißigkeit
- Blasse Hautfarbe
- Tachykardie
- Hypotension
- Hyperventilation
- Atemnot
- Oligo- oder Anurie
Atonische Nachblutung Therapie zu:
Atonische Nachblutung
Therapie
Atonische Nachblutung
Allgemeine Maßnahmen [1]
- Blutverlust messen, in den Tüchern evtl. abschätzen
- Schnelle Abklärung der Blutungsursache
- Dann Veranlassung/Einleitung/Organisation der Weiterbehandlung (evtl. chirurgisch)
Bis dahin:
- Kontrolle der Vitalparameter
- Volumensubstitution i.v. mit Kolloiden (Dextrane oder HAES cave: NW Gerinnungsstörungen möglich) oder Kristalloiden (Vollelektrolytlösungen) [5]
- Blutkonserven vorbereiten (kreuzen) lassen
- Evtl. Gabe von Erythrozytenkonzentraten oder Plasma
Spezielle Maßnahmen
Uterusatonie [1;2;3]
- Dauerkatheter legen
- Reiben des Uterus (evtl. Prostaglandinbildung)
- Bimanuelle Uteruskompression
- Verbliebene Plazentareste ausschließen → Sonographie
- Geburtsverletzung ausschließen → Spiegeleinstellung
- Oxytocin i.v.: max. 6 I.E. unverdünnt langsam i.v. (3 I.E. als Bolus, evtl. 3 weitere fraktioniert) oder als Dauerinfusion in 500-1000 ml Vollelektrolytlösung; cave: vasodilatatorische Wirkung, besonders bei Bolusgabe!
- Versagen von Oxytocin: Sulproston i.v. 500 µg (1 Amp.) in 500 ml Infusionslösung, Gabe per Infusomat beginnen mit 1,7 ml/Min., max. 8,3 ml/ Min.; maximale Tagesdosis 1500 µg
- Tamponaden mit Sulproston werden kontrovers diskutiert
- Prostaglandin F2α: in Deutschland nicht mehr zur Behandlung bei Uterusatonie oder postpartalen Blutungen zugelassen
- Chirurgische Maßnahmen: nach Versagen der manuellen und medikamentösen Maßnahmen [3] z.B.: Spezielle Nahttechniken (nach Lynch); ggf. Ligatur der A. uterina; schrittweise Devaskularisation; ggf. Ligatur der Aa. Iliacae internae; ggf. Hysterektomie
Atonische Nachblutung Komplikationen zu:
Atonische Nachblutung
Komplikationen
Atonische Nachblutung
Komplikationen bei Peripartalen Blutungen [1;2] z.B. durch Atonische Nachblutung/ Uterusatonie
- Häufigster Grund für mütterliche Morbidität und Mortalität
- Jährlich versterben ca. 140.000 Frauen (also ca. alle 4 Min. eine Frau) an postpartalen Blutungen und deren Komplikationen (das sind nur die registrierten Fälle!)
Atonische Nachblutung Zusatzhinweise zu:
Atonische Nachblutung
Zusatzhinweise
Atonische Nachblutung
Zur Zeit gibt es keine Zusatzhinweise der atonen Nachblutung.
Atonische Nachblutung Literaturquellen zu:
Atonische Nachblutung
Literaturquellen
Atonische Nachblutung
- Leitlinie der Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e.V. (DGGG), Interdisziplinäre Expertengruppe, Diagnostik und Therapie peripartaler Blutungen, AWMF 015/063, Stand August 2010
- Speculum, Zeitschrift für Gynäkologie und Geburtshilfe 2008 26(3), Leitlinie zum Management der postpartalen Blutung, Univ.- Prof. Dr. Hanns Helmer, Abt. f. Geburtshilfe und Feto- maternale Medizin der Univ.- Klinik f. Frauenheilkunde der Medizinischen Universität Wien et al.
- Informationen des Weiterbildungsseminars für Assistenten November 2008, F. Wolff, Frauenklinik, Kliniken der Stadt Köln gGmbH, Krhs Holweide
- Artikel Der Gynäkologe 2008/2, Vorgehen bei schweren geburtshilflichen Blutungen, Autor: Prof. Dr. F. Kainer
- Rote Liste 2008, Herausgeber Rote Liste GmbH, Frankfurt/ Main
- Herold, Innere Medizin 2008,G. Herold und Mitarbeiter
Atonische Nachblutung
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Am häufigsten aufgerufene Krankheitsbilder in Gynäkologie und Geburtshilfe
Weiterführende Links
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